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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Deleuze); 1 Ethnologen und Soziologen sehen den Menschen in „selbstgesponnene<br />

Bedeutungsgewebe verstrickt“; 2 neuere Management-Literatur<br />

sieht die Zukunft in „network logic“ 3 , praktische <strong>Theologie</strong> stellt sich der<br />

„vernetzten Welt“ (Nethöfel: Welt) und der Fachjournalismus stellt allenthalben<br />

Prozesse fest wie diese: „Die Unternehmen bauen sich zu Netzwerken<br />

mit offenen Firmengrenzen um...“ (Dettmer: Fabrik 129); „transversale<br />

Vernunft“ stellt Verknüpfungen zwischen unterschiedlichen, netzwerkartig<br />

verflochtenen Rationalitäten her (Welsch: Vernunft); sogar wissenschaftliche<br />

Theorien werden als Netzwerke aufgefasst; 4 soziale Bewegungen in<br />

aller Welt bilden Netzwerke; und das Internet verändert durch seine Netzwerkstruktur<br />

die weltweite Kommunikation und Wirtschaft.<br />

Netzwerk-Denken scheint der heutigen Organisation von Wissen und<br />

Gesellschaft in besonderer Weise zu entsprechen. Es erweist sich als<br />

erklärungskompetent und ist vielseitig anschlussfähig, sogar an substanzontologische<br />

Sprache. Netze bestehen immerhin aus Fäden und aus Knoten.<br />

Letztere können als Subjekte oder, wenn man möchte, gar als Substanzen<br />

behandelt werden. Die Veränderung besteht nun allerdings darin,<br />

dass sie nicht für sich allein stehen und die Relationen qualifizieren, sondern<br />

dass sie ohne die Relationen (die Fäden also) selbst nicht bestimmt<br />

wären – Substanzen ohne Eigenschaften: nichts. Wenn sich der Wechsel<br />

vom substanzorientierten Denken zu einem Denken in Relationen über die<br />

Assoziation des Netzes vollzieht, muss man somit vom Überkommenen<br />

nicht gleich lassen. Es wird schlicht in einen neuen Kontext gestellt und<br />

dadurch verändert, wie eben innerhalb eines „neuen Paradigmas (...) alte<br />

Ausdrücke, Begriffe und Experimente in ein neues Verhältnis zueinander“ 5<br />

treten.<br />

Die Netzwerk-Assoziation spielt auch in der Ökumene eine immer<br />

wichtigere Rolle, nicht zuletzt im Blick auf das Selbstverständnis des Ökumenischen<br />

Rates (Raiser: Ernstfall 117). Zugleich kann man eine themati-<br />

1 Vgl. dazu die Einordnung in die für uns wichtigen Überlegungen zur transversalen<br />

Vernunft durch Welsch: Vernunft 355 ff.<br />

2 Geertz: Beschreibung 9, im Anschluss an Max Weber.<br />

3 „Not a single aspect of business will avoid being overhauled... by network logic.“<br />

Kevin Kelly: Out of Control: The New Biology of Machines, Social Systems and the Economic World.<br />

Fourth Estate Ltd., 1994, S. 186, zitiert nach O’Neil: Leadership 4.<br />

4 So bei Quine und Duhem, vgl. Welsch: Vernunft 601.<br />

5 Kuhn: Revolutionen 160. Diese Tatsache ist möglicherweise ein Hinweis auf einen<br />

tatsächlichen (möglicherweise sogar schon vollzogenen) Paradigmenwechsel beim Übergang<br />

von Substanz- zu Relationsontologie.<br />

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