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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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(des Glaubens) über Gott offen. Nur ist Gott dann kein Ding, sondern ein<br />

in sprachlicher Form erschlossenes Ereignis für die Glaubenden. 10<br />

Wahrheitsansprüche im Konflikt, wie sie im interreligiösen Verhältnis die<br />

Regel sind, können auch von theologischer Systembildung schlecht<br />

bewältigt werden. Das implizite Axiom der Systembildung ist, dass wahre<br />

Aussagen logisch kohärent und widerspruchsfrei sind (wenn auch unter<br />

der Einschränkung gewisser theologischer Paradoxa). Damit kann man<br />

den Konflikt nicht lösen, sondern durch den eigenen Anspruch allenfalls<br />

verschärfen. Dazu kommt, dass die Sprache der Systembildung objektivierend<br />

ist. Auch sie beansprucht also (mindestens implizit) von „etwas“<br />

als einem Signifikat oder Referenzobjekt (je nach Zeichentheorie) zu<br />

reden, während man Gott als Gegenstand der <strong>Theologie</strong> nur metaphorisch<br />

zur Sprache bringen kann. 11 Auch verfolgt der Systemgedanke das Ideal<br />

einer universal gültigen (und damit normativen) Darstellung von Sachverhalten.<br />

Strikt systematische Religionstheologie liefe somit auf eine<br />

positionelle (weil eben christliche) Metatheorie aller Religionen hinaus.<br />

Dazu wiederum müsste man einen Standpunkt außerhalb der Welt innehaben<br />

– den des „leibnizschen Gottes“ (wie Bourdieu das nennt) oder auch<br />

den der hegelschen Vernunft 12 – und zusätzlich erklären, warum von<br />

diesem Standpunkt aus nun gerade diese positionelle Perspektive die wahre<br />

ist.<br />

Solche Operationen theologischer Vernunft erscheinen mir im Zusammenhang<br />

der theologischen Bestimmung des Religionsbegriffs wenig<br />

hilfreich.<br />

Aber dennoch gilt: <strong>Theologie</strong> ist positionell, sie ist standortbezogen.<br />

Darin haben die positionellen Begründungsversuche Recht. Nur, das reicht<br />

nicht für Begründung. Es bedeutet nach praxeologischer Lesart einfach<br />

10 Schmidt-Leukel: Religionstheologie, entfaltet die Idee des „perspektivenrelativen Realismus“<br />

auch nicht weiter. Vielmehr kommt er auf eine ganz andere Form von Wahrheitskriterium<br />

für christliche Rede von Gott: nicht adäquates Reden, sondern adäquates Handeln<br />

(S. 266).<br />

11 Das gilt für die Lehrsysteme der konfessionellen Orthodoxien wie für viele gängige<br />

Dogmatiken des zwanzigsten Jahrhunderts. Aber auch die von Bernhardt: Trinitätstheologie<br />

289 ff., vorgestellten Entwürfe trinitätstheologisch orientierter Religionstheologie scheinen<br />

übersystematisiert. Leider konnte ich die Werke hier in Costa Rica nicht mehr im Original<br />

zur Kenntnis nehmen und muss mich ganz auf Reinhold Bernhardts Darstellung verlassen.<br />

12 Vgl Wagner: Religion 570 ff., und weiter unten, S. 275 ff.<br />

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