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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Anwendung und die Konzentration von Offenbarungstheorien auf die<br />

Vernunfterkenntnis nicht vor allem auf den ausgeprägten Intellektualismus<br />

der (wissenschaftlichen) Neuzeit und Moderne zurückzuführen sind.<br />

Früchte des Glaubens, Wachstum im Glauben sind vielmehr ein integriertes<br />

praktisches Ganzes.<br />

Aus praxeologischer Perspektive könnte man wie folgt formulieren:<br />

Glauben und Leben gehören zusammen, und sie sind – aus der Sicht der<br />

erfahrenden und beobachtenden Menschen – ein und derselbe Prozess.<br />

Ebenso gehören Rechtfertigung und Heiligung zusammen und kommen –<br />

aus der Sicht der erfahrenden und beobachtenden Menschen – im Menschenleben<br />

nie an ihr Ende, insofern nämlich als Glaube auch Wachsen im<br />

Glauben beinhaltet und als die Erfahrung von Rechtfertigung auch dem<br />

Angriff der Anfechtung ausgesetzt bleibt. Die Aktualität des Angenommenseins<br />

von Gott kann man nur sub specie Dei als einmaligen Fakt darstellen;<br />

aber das ist entweder spekulativ oder eine reine Glaubensaussage.<br />

Im Glauben selbst muss dieses Angenommensein immer wieder neu<br />

erfahren werden. Selbst die Erleuchtungen der Mystiker wären nichts ohne<br />

die Dunkelheit ihrer Anfechtungen. Ebenso gehören Suchen und Finden<br />

zusammen. Finden, wenn es denn Offenbarung ist, ereignet sich als<br />

„Unterbrechung“ (Jüngel) des Gewohnten und Gewollten; und mit der<br />

Zeit löst das Gefunden-Haben neues Suchen aus. Denn der Glaube existiert<br />

nicht weltlos ohne die Anforderungen der <strong>Praxis</strong>felder. Und Suchen<br />

braucht Offenheit für immer neue Antworten, immer neue Unterbrechungen.<br />

Auf diese Weise werden die Habitus der gläubigen und somit suchenden<br />

Menschen von diesem Prozess zutiefst geprägt. Dies geschieht zugleich<br />

in kognitiver, affektiver und sogar leiblicher Hinsicht. Die Wahrnehmung<br />

der Welt und seiner selbst wird verändert, das Urteil gewinnt<br />

immer neue Kriterien und das Handeln verändert sich homolog dazu. Es<br />

geht hier keineswegs darum, wie in der scholastischen Gnadenlehre, durch<br />

das facere quod in se est eine dispositio zum Empfang der Gnade zuzurichten.<br />

104 Im Gegenteil, insbesondere protestantische Theologinnen und<br />

Theologen werden damit rechnen, dass es die Gnade Gottes ist, die die<br />

Habitus zurichtet, damit der Geist in den und durch die Gläubigen seine<br />

Früchte hervorbringe. Es ist die Einsicht in die eigene Relativität gemeinsam<br />

mit den anderen Religionen gegenüber der Absolutheit und Uni-<br />

104 Entsprechend geht es beim praxeologischen Habitusmodell nicht um eine Ontologie<br />

der Person. Es handelt sich um ein Modell für die Beschreibung. Frei nach Kant also: alles<br />

ereignet sich so ‚als ob.<br />

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