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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Begriff des Bestimmens, also der Macht bzw. der Allmacht, aufzuhängen.<br />

Man hätte ebenso bei „Wissen“, „Liebe“ oder „Wirklichkeit“ ansetzen<br />

können oder bei noch einem anderen Begriff. Vielleicht ist „Bestimmen“<br />

deshalb besonders geeignet, weil die Bestimmung von etwas auch eine<br />

Funktion der diskursiven Vernunft ist. Dann sähen wir hier allerdings eine<br />

durch Präferenzen für ein bestimmtes Operationsbesteck (im Unterschied<br />

zu einem anderen) vorgegebene, nicht aber an der Beschaffenheit des<br />

Patienten orientierte Wahl der Operationstechnik. Weiter kann man auch<br />

das mysteriöse Verschwinden der Anführungsstriche um das Wort „Gott“<br />

zum Anlass für Nachfragen nehmen. An der o.g. Stelle (575 f.) findet allem<br />

Anschein nach der stillschweigende Übergang von Substantiv zu Substanz,<br />

von Wort zu Sache statt. Danach erscheinen dann Bestimmung, Selbstbestimmung,<br />

Substanz, Subjekt, Substrat und Differenz wie unabhängige<br />

Wesenheiten: „Der Inhalt ist ein Substrat, an das aufgrund einer bestimmten<br />

Eigenschaft die Ursache als Ursache und die Wirkung als Wirkung<br />

herantreten können“ (581 f.) – so als begegneten sich drei Herren im Park.<br />

Darüber hinaus scheint mir der Universalitätsanspruch einer Operation mit<br />

so partikularen Voraussetzungen mehr als fraglich zu sein. Unter ganz<br />

anderen, aber ebenso partikularen Vorannahmen leiten andere Menschen<br />

die Präsenz des Absoluten und damit die absolute Legitimation einer<br />

religiösen <strong>Praxis</strong> ab, wenn zum Beispiel jemand bei einer Meditation eine<br />

Levitation erfährt oder wenn ein Fakir endlose Zeit nahrungslos auf einem<br />

Nagelbrett zubringt. Und wollte man schließlich nur die Schönheit der<br />

(Begriffs-) Akrobatik als Erweis ihrer Wahrheit betrachten, so wäre auch<br />

diese Auffassung nicht voraussetzungslos, denn sie hätte ihre Wurzeln in<br />

der platonischen Ästhetik.<br />

Wagners Analyse und sein eigener Begründungsversuch haben meines<br />

Erachtens einige Probleme gängiger theologischer Annäherungen an den<br />

Religionsbegriff gezeigt. Insbesondere die Versuchung essenzialistischen<br />

Denkens, vom sprachlichen Subjekt zur dinglichen Substanz zu springen,<br />

ist auch in der Religionswissenschaft zu finden.<br />

2. Der subjektivistische Diskurs über Religion: Erscheinen<br />

Die Auffassung, dass in religiösen Phänomenen „etwas Heiliges sich uns<br />

zeigt“, dieses von Mircea Eliade in Anlehnung an Rudolf Otto formulierte<br />

Bekenntnis der phänomenologischen Religionswissenschaft, (Eliade: Heilige<br />

13 f.) geht davon aus, das (substanzhaft gedachte) Heilige trete in verschiedenen<br />

Gegenständen in Erscheinung und die Beschreibung der Mani-<br />

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