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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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icht hier die kategoriale Differenz zwischen Mensch und Gott. Die<br />

Vernunft greift zum Baum der Erkenntnis und setzt sich an die Stelle Gottes.<br />

Erkenntnistheoretisch stellt sich ein entscheidendes Problem mit der<br />

Übertragung formaler Logik auf <strong>Praxis</strong>. Mit den Instrumenten des objektivistischen<br />

Rationalismus konstruieren Theologen fertige Systeme, die sich vor<br />

allem Anderen durch logische Widerspruchsfreiheit auszeichnen. Die<br />

sollen dann auf die <strong>Praxis</strong> angewendet werden. Dies kann man aber nur<br />

solange für angemessen halten, als man davon ausgeht, dass allem Seienden<br />

eine allgemeine logische und ontologische Struktur zugrunde liege, die<br />

man als Intellektueller auch kennt – ein fataler Irrtum und eine offenkundige<br />

intellektualistische Selbstüberschätzung.<br />

Diese Identifikation von Intellektuellen mit der objektiven Wahrheit<br />

der Wirklichkeit führt natürlich dazu, dass sie selbst als handelnde Personen,<br />

als Menschen, einfach aus dem Blickfeld verschwinden. Die objektivistischen<br />

Theologinnen und Theologen verschaffen sich (der Theorie<br />

nach) auf diese Weise eine Position außerhalb der Bedingungen des Lebens<br />

im Glauben. Sie entziehen die theologische Produktion damit auch den<br />

Bedingungen der Sünde; das heißt – wiederum – sie durchbrechen die<br />

kategoriale Differenz zwischen Gott und Mensch. Wenn unter dem Vorzeichen<br />

einer naiv rationalistischen <strong>Theologie</strong> also Autonomie in Theonomie<br />

verwandelt werden soll, sollte man vielleicht besser von Theogonie<br />

sprechen: denn aus den Theologen werden Götter.<br />

Es liegt auf der Hand, dass bei einem solchen Ansatz auch die gesellschaftlichen<br />

Machtverhältnisse sich allenfalls als irrelevant für die theologische<br />

Produktion erweisen. Indem aber der theologische Objektivismus<br />

seine völlige Unabhängigkeit von gesellschaftlichen Machtbeziehungen<br />

behauptet und seine „Werte“ darstellt als direkte Ableitungen aus dem<br />

metaphysischen Reich, erliegt er nach bekanntem Muster gerade diesen<br />

Machtverhältnissen.<br />

Dementsprechend sind die Tugend- und Lasterkataloge stackhousescher<br />

Produktion weder widerspruchsfrei noch notwendig. Es fällt schwer, etwa<br />

die nicht näher bestimmte „Demokratie“ schlankweg und mit universalem<br />

Geltungsanspruch für die „getreueste strukturelle Manifestation göttlicher<br />

Gerechtigkeit“ zu halten und Frauendiskriminierung durch die Kirche nur als<br />

einen Jahrhunderte dauernden „Fehler“ im Gegensatz zum eigentlichen<br />

Wahrheitsschatz der Kirche zu kennzeichnen. Die normativen und „ewigen“<br />

ethischen Werte bei Stackhouse erscheinen eher als eine leicht gereinigte<br />

Reproduktion der Meinungen eines christlich-konservativen com-<br />

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