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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Trutz Rendtorff dagegen gab eine „‚europäische‘ Stellungnahme“ in<br />

der Debatte ab, um den Standpunkt der so genannten klassischen <strong>Theologie</strong><br />

zu markieren. Rendtorff löst hier mit dem Verdünnungsmittel essenzialistischen<br />

Vokabulars jede harte Konkretion befreiungstheologischer<br />

Kritik in theologischen Wohlgefallen auf. 9 Insbesondere fällt auf, dass<br />

Rendtorff von „der <strong>Theologie</strong>“ redet wie von einem sich selbst gänzlich<br />

bewussten und souveränen Subjekt, dessen Vernunft die Wirklichkeit auf<br />

deren Wahrheit hin zu durchschauen vermag. 10 Selbst wenn dies auch in<br />

der „Begegnung mit der lebendigen Wirklichkeit“ (Rendtorff: Kontextualität<br />

246) geschieht, so vermag ein solcher rationalistischer Subjektivismus nicht<br />

davon ausgehen, dass die theologische Reflexion selbst sehr wohl voraussetzungsvoll<br />

ist und von ihrem Kontext orientiert und begrenzt wird.<br />

Schon um überhaupt die Idee haben zu können, <strong>Theologie</strong> könne die<br />

„Wahrheit des Kulturkreises aufsuchen“ (Rendtorff), muss man ja entsprechende<br />

Bildungsvoraussetzungen haben. Man kann die Argumentation<br />

Rendtorffs in diesem Sinne als exemplarisch für einen akademischen<br />

Subjektivismus mit Objektivitätsanspruch ansehen.<br />

Ein rationales Subjekt findet, nach „klassischer“ Auffassung, die Voraussetzungen<br />

seines Denkens im Denken selbst – so denkt es sich das<br />

Subjekt jedenfalls. Nimmt ein solcher Denker dann noch (mit einer fragwürdigen<br />

Parmenides-Interpretation) an, dass das Denken und das Sein<br />

Eines seien, braucht er sich über ein festes Fundament seiner Position<br />

keine Sorgen mehr zu machen: Das Fundament wird mit Zauberhand aus<br />

der eigenen Position hervorgebracht. Selbst wenn man eine solche Begründung<br />

extra nos, in der Offenbarung Gottes etwa, verortet und wenn der<br />

Fundamentalismus „weich“ 11 ist, entsteht kein Problem für den Denker;<br />

denn die denkerische Erfassung dieser Offenbarung ist wiederum Werk<br />

des voraussetzungslosen Denkens eben dieses Subjekts. Als ein wichtiges<br />

jüngeres Beispiel für die Annahme der Einheit von Denken und Sein kann<br />

9 Zum Beispiel wird die Kritik an ökonomischer und sozialer Abhängigkeit mit folgenden<br />

Worten beschieden: „Es ist wahr, die Erfahrung der Abhängigkeit ist die tiefste, weil primäre<br />

und fundamentale Erfahrung von Wirklichkeit. Sie ist eine genuin religiöse Erfahrung, denn sie<br />

ist die Erfahrung, daß der Mensch nicht allein aus sich selbst heraus leben und existieren<br />

kann.“ Rendtorff: Kontextualität S. 249 (Hervorh. HS).<br />

10 „Es ist die Aufgabe jeder <strong>Theologie</strong>, die Wahrheit [sic!] des Kulturkreises aufzusuchen,<br />

in dem sie sich entfaltet.“ Rendtorff: Kontextualität S. 246.<br />

11 Zum Begriff des „weichen Fundamentalismus“ in theologischen Begründungsoperationen<br />

vgl. Schüssler-Fiorenza: <strong>Theologie</strong> 268.<br />

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