02.12.2012 Aufrufe

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

lichen Konkurrenzkampfs im religiösen und im politischen Feld. (Link-<br />

Wieczorek: Christus 303 ff.)<br />

Auf der anderen Seite erschließt dieses Bekenntnis – als Bekennen! –<br />

die Chancen einer starken identitätsbildenden Aussage. (Link-Wieczorek:<br />

Christus 310 ff.) Diese Chancen liegen genau darin, die Spannung zwischen<br />

einer historischen Identifikation als einem historischen Akt und dem<br />

eschatologischen (oder transzendenzspezifischen) Vorbehalt aufrecht zu<br />

halten. Einerseits können gläubige Christen sich mit dem Menschen Jesus<br />

von Nazareth identifizieren; sie können ihm nachfolgen und ihn als Meister<br />

sehen. Darin liegt die Stärke des Jesusbildes bei Markus. Andererseits<br />

identifiziert man sich hier aber mit dem Unidentifizierbaren, mit dem, der<br />

sich jeder Identifizierung entzieht, mit Gott; insofern nämlich als Jesus,<br />

nach Johannes, der präexistente logos Gottes ist. Die Identifikation hat also<br />

dort ihre Grenzen, wo Jesus Gott ist, und Menschen Gott Gott sein lassen<br />

müssen. Und nur so – durch diese Grenze der Identifikation – ist Erlösung<br />

möglich. Wollte man theologisch behaupten, Christus sei mit der Kirche<br />

identifiziert, so machte man die Erlösung zu einem verstaubten Papiertiger<br />

aus dem Gehege kirchlicher Verwaltung von Heilsgütern. Die Stärke der<br />

Identifikation entsteht also aus der <strong>Praxis</strong> der Nachfolge, die sich selbst<br />

dem transzendenten, immer zukünftigen Gott verpflichtet weiß (und nicht<br />

institutionellen Loyalitätsforderungen). Wenn aber der universale und<br />

absolute Gott der „Vater Jesus Christi“ ist, besteht nicht der geringste<br />

theologische Grund 107 anzunehmen, dass seine Gegenwart auf die Grenzen<br />

der Kirche oder auch des Christusbekenntnisses beschränkt sein sollte.<br />

Andere Religionen können folglich problemlos als „part of Gods history“<br />

(World Council of Churches: Guidelines, § 20) anerkannt werden.<br />

Nun ist dieses Bekennen des „Jesus Christus“ <strong>Praxis</strong> des Glaubens. Es<br />

ereignet sich nicht außerhalb der Welt, sondern in vielerlei Bezügen kirchlicher,<br />

politischer und auch interreligiöser Art. Wer so bekennt, handelt<br />

ebenfalls im Geflecht vielfältiger Interessen und objektiver Strategien – nur<br />

eben auf eine besondere, spezifische Art und Weise. Deshalb schöpfen wir<br />

die Chancen der identitätsbildenden Funktion des Bekennens für eine<br />

<strong>Theologie</strong> der Religion nur dann aus, wenn wir deren <strong>Praxis</strong>zusammenhänge<br />

wahrnehmen, deren Grenzen beachten und Kriterien zur selbstkritischen<br />

Prüfung formulieren, auf die wir selbst, aber auch unsere Gesprächs-<br />

107 Andere Gründe existieren schon. Aber diese stehen im Zusammenhang von Strategien<br />

religiöser Institutionen in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Sie sind<br />

selbstverständlich generell bekenntnisrelevant. Aber genau an diesem Punkte eben nicht.<br />

348

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!