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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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erfolgen kann. Aber dieser Grundsatz gilt auch für weniger einander fremde,<br />

ähnliche <strong>Theologie</strong>n. Eine fremde <strong>Theologie</strong> von ihrem Entstehungskontext<br />

her zu verstehen ist eine allgemein anerkannte Bedingung dafür,<br />

sie überhaupt auch nur annähernd zu verstehen. Zunächst erfolgt eine<br />

Beschreibung von ihrem eigenen Kontext her und dann die theologische<br />

Interpretation.<br />

Die eigene <strong>Theologie</strong> auf dem Hintergrund des eigenen Kontextes zu<br />

verstehen, ist ebenso notwendig, denn es gibt keine Norm ohne Beschreibung.<br />

Hervorbringung von <strong>Theologie</strong> ist somit abhängig von einer Beschreibung<br />

des eigenen Kontextes und damit der Problematiken, von der das Theologisieren<br />

geprägt wird. Das heißt, der Kontextbezug sollte in seiner Bedeutung<br />

für die Gestalt der jeweiligen <strong>Theologie</strong> erkennbar sein. Dabei ist es<br />

gleichgültig, wie weit der jeweilige Kontext gefasst ist. Er kann durchaus<br />

global sein, wenn etwa Globalisierung von Interesse ist. Aber die Position,<br />

von der aus in diesem Kontext <strong>Theologie</strong> produziert wird, sollte in der<br />

wissenschaftlichen Konstruktion einer <strong>Theologie</strong> erkennbar sein. Das<br />

Produkt – ein theologischer Entwurf, etwa über den Heiligen Geist, Jesus<br />

Christus oder die Schöpfung – sollte erkennen lassen, woraus es gemacht<br />

ist. Eine als solche erkennbare Beschreibung des Bezugskontextes ist auf<br />

jeden Fall Grundlage für die Verfahren theologischer Interpretation und<br />

Urteilsfindung sowie für die Erschließung handlungsleitender Perspektiven,<br />

wenn man nicht den kontextbedingten Verkennungen und dem<br />

Irrtum einer (objektivistischen oder subjektivistischen) Universalisierung<br />

der eigenen Position aufsitzen will.<br />

Schließlich scheint es mir wichtig, den kritischen Bezug auf die eigene<br />

Produktion zu bewahren durch die Selbstbeschreibung der eigenen <strong>Theologie</strong><br />

in Beziehung zu ihrem Kontext. Die reflexive und selbstkritische Rückwendung<br />

auf die eigene Produktion von <strong>Theologie</strong> ist notwendig, aber<br />

nicht einfach zu bewerkstelligen. Die Selbstanalyse vermag recht weit<br />

voranzuschreiten. Aber die konstitutiven Grund-Unterscheidungen eigener<br />

theologischer Produktion vermag sie kaum zu erschließen. 106 Dies verweist<br />

auf die Notwendigkeit des Dialogs mit Anderen. Diese können durch die<br />

Sicht von außen entscheidende Beobachtungen beitragen.<br />

106 Luhmann diskutiert dies als das Problem des „blinden Flecks“ einer jeden Beobachtung.<br />

Die den Beobachtern unbekannten Grundunterscheidungen des Erkennens sind der<br />

„blinde Fleck“ (Luhmann: Sthenographie 63), der die Beobachtung und die Klassifikation<br />

überhaupt erst ermöglicht. Man kann solche Grundunterscheidungen allenfalls dann zu<br />

Gesicht bekommen, wenn man den Gesichtspunkt der Beobachtung ändert, also von<br />

anderen Grundunterscheidungen aus und mit einem anderen blinden Fleck beobachtet.<br />

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