02.12.2012 Aufrufe

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

en selbst immer auch zu einer dieser Kräfte. Demnach sind sie, im striktesten<br />

Sinne des Wortes, inter-essiert. Auch <strong>Theologie</strong> entgeht dem nicht.<br />

Schon der Begriff des Feldes selbst berücksichtigt die Auseinandersetzungen<br />

um Güter und Chancen. Man kann ihn, in Anlehnung an die<br />

Spieltheorie, von den Auseinandersetzungen um Einsätze her verstehen.<br />

Wer zu einem Feld dazugehört, spielt auf ihm mit. Er oder sie setzt etwas<br />

ein; ohne Einsatz würde nicht gespielt. Hat aber jemand etwas eingesetzt,<br />

ist er einbezogen, dabei, inter-essiert am Spielverlauf beteiligt. Um diese<br />

Dynamik besser zu beschreiben und dabei ihre Konfliktivität nicht aus<br />

dem Blick zu verlieren, bietet das praxeologische Vokabular drei weitere<br />

Termini: Strategien, Kapital und Delegation.<br />

a. Praktische Strategien im religiösen Feld<br />

Strategien von Akteuren gehören zum Spiel um die Einsätze in den<br />

<strong>Praxis</strong>feldern. Worum es geht auf einem <strong>Praxis</strong>feld, kann man am besten<br />

sagen, wenn man selbst dazugehört. Man hat irgend einen Einsatz getätigt,<br />

auch wenn er klein ist, und will entweder sehen, was er austrägt oder hat<br />

sich entschieden, ihn abzuschreiben. Interesselos ist man im Normalfall<br />

nie; man verfolgt irgendeine Strategie.<br />

Es wäre freilich ein Missverständnis, wollte man den bourdieuschen<br />

Begriff der Strategie aus dem bewussten Interessenkalkül der rational choice-<br />

Theorie 168 ableiten. Obwohl der Begriff das bewusste Kalkül nicht prinzipiell<br />

ausschließt, ist er wesentlich komplexer. Der vom Habitus her entworfene<br />

Strategiebegriff grenzt sich nach zwei Seiten ab: gegen die subjektivistische<br />

Illusion freier bewusster Wahlen und gegen die objektivistische<br />

Auffassung von <strong>Praxis</strong> als Anwendung vorgegebener Regeln oder Strukturen.<br />

Freie bewusste Wahlen und Anwendung von vorgegebenen Regeln<br />

sind lediglich Grenzfälle des Normalfalls „habitusorientierte Strategie“.<br />

Handeln ist, wie gesagt, an bestimmten Einsätzen orientiert. Es ist<br />

damit meist in einem sehr einfachen und alltäglichen Sinne auf etwas<br />

gerichtet. Strategien sind dann Handlungsweisen, die vom Zusammenspiel<br />

zwischen Feld und Habitus so gebahnt sind, dass sie der praktischen Logik<br />

168 Diese Theorie macht spezifische Voraussetzungen wie zum Beispiel volle Bewusstheit<br />

der Wahlen, Transparenz des Marktes, Orientierung der Subjekte am eigenen (meist<br />

materiellen) Vorteil. Der entsprechende Strategiebegriff ist abstrakt. Er beruht weniger auf<br />

einer Analyse praktischen Handelns als auf dem (in mathematische Modelle umgewandelten)<br />

Wunschbild eines idealen Marktes.<br />

205

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!