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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Praktischer Sinn entsteht aus der objektiven Anpassung der Habitus und,<br />

genereller, der <strong>Praxis</strong> von Akteuren an die Erfordernisse der verschiedenen<br />

gesellschaftlichen <strong>Praxis</strong>felder. Damit ist praktischer Sinn zugleich subjektiv<br />

und objektiv. Einerseits haben die Akteure eine bestimmte Vorstellung<br />

von ihrem Tun, den Verhältnissen des jeweiligen Feldes und von ihren<br />

Motiven; andererseits ermöglicht ihr Denken und Handeln die objektive<br />

praktische Beherrschung spezifischer Regelmäßigkeiten der jeweiligen<br />

Felder. Sinn wird somit erzeugt im Vollzug von <strong>Praxis</strong>, aus der Übereinstimmung<br />

oder auch der wahrgenommenen Nicht-Übereinstimmung der<br />

Habitus der Akteure mit der Logik eines <strong>Praxis</strong>feldes und dessen objektiven<br />

Strukturen, sowie aus der Homologie der verschiedenen Felder untereinander<br />

und dem vermittelnden Wirken der Metaphorik von sprachlichen<br />

Zeichen, Handlungen und Dingen. Im Falle einer wahrgenommenen<br />

Nicht-Übereinstimmung entsteht auch ein spezifischer Sinn, nun aber über<br />

den Umweg der Irritation und ihrer Erklärung. In keinem Falle spielt es<br />

eine Rolle, ob die Einstellung der Akteure gegenüber diesen Gegebenheiten<br />

affirmativ oder ablehnend ist; auch die Ablehnung braucht praktische<br />

Beherrschung der Kontextbedingungen. Somit gehen die objektiven Verteilungen<br />

von Positionen, Macht und Möglichkeiten eines <strong>Praxis</strong>feldes<br />

(und schließlich des gesamten gesellschaftlichen Raumes) in die Produktion<br />

praktischen Sinnes mit ein.<br />

Der praktische Sinn ist für Bourdieu der Sinn für das gesellschaftliche Spiel,<br />

das in einem bestimmten Feld gespielt wird; genauer: die „vorweggenommene<br />

Anpassung an die Erfordernisse des Feldes“ (Bourdieu: Sinn 122).<br />

Der praktische Sinn erzeugt insofern ein subjektives Sinnerleben, als er<br />

vermittels der Erfahrung des Spiels und des Mitspielens – inklusive der<br />

entsprechenden Einsätze und Gewinnchancen – eine immer stärkere<br />

subjektive Übereinstimmung der Spieler mit den Voraussetzungen des<br />

Spiels (der Doxa des Spiel-Feldes) erzeugt. Er gibt dem Spiel für die Mitspieler<br />

Daseinsgrund und Zukunft. Damit ist im Blick auf den spezifischen<br />

religiösen Sinn jene Haltung erfasst, die Wagner unter dem Begriff des<br />

religiösen Bewusstseins analysiert: Die Akteure sind so weit mit dem Spiel<br />

identifiziert, dass sie nicht das geringste Problem damit haben, den transzendenten,<br />

objektiven Referenzpunkt des Spiels selbst zu setzen. Zugleich<br />

erzeugt der praktische Sinn der Mitspielenden den objektiven Sinn des<br />

Spiels, „weil der Sinn für die wahrscheinliche Zukunft, der sich aus der<br />

praktischen Beherrschung der spezifischen Regelmäßigkeiten ergibt, welche<br />

die Ökonomie eines Feldes ausmachen, Grundlage von Praktiken ist,<br />

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