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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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das substanzontologische Vokabular beiseite lässt, kann man sich daran<br />

machen, Kirchen (auch die eigene) mit einem anderen Vokabular zu beschreiben.<br />

So kann man – mit dem Modell des Netzes von Dispositionen<br />

– von unterschiedlichen kirchlichen Identitäten sprechen. Diese Auffassung<br />

erlaubt viel eher eine differenzierte und erfolgversprechende Annäherung<br />

der Kirchen auf dem ökumenischen Feld. 166<br />

c. Identität von Kirchen<br />

Für kontextuelle Ekklesiologie kann das Konzept des Habitus eine wichtige<br />

Rolle bekommen. Denn aus der objektiven Übereinstimmung zwischen<br />

individuellen Dispositionen und der praktischen Logik von <strong>Praxis</strong>feldern<br />

und Positionen lässt sich eine Theorie kirchlicher Identität entwickeln. 167<br />

Dabei ist es zunächst einmal entscheidend, dass das Konzept des Habitus<br />

die traditionelle Trennung von Individuum versus Gesellschaft aufhebt.<br />

Ein Habitus ist immer zugleich individuell und kollektiv. Der religiöse Habitus<br />

eines einzelnen Gläubigen einer bestimmten Kirche stimmt demnach<br />

weitgehend (aber nicht gänzlich) mit denen von anderen Gläubigen, Theologen<br />

und Kirchenführern derselben Kirche überein; ebenso wie teilweise<br />

auch mit den in kirchlichen und theologischen Dokumenten objektivierten<br />

Gehalten praktischer Logik. Begreift man die Dispositionen der Habitus<br />

als Netzwerke von Schemata, so lässt sich immer ein bestimmtes Kontingent<br />

von bleibend übereinstimmenden Schemata ausmachen: Überlappungen<br />

als Grundlage der Gemeinsamkeit.<br />

Insofern der Habitus ein strukturiertes und strukturierendes Ganzes<br />

von kognitiven, affektiven und leiblichen Dispositionen der Wahrnehmung,<br />

des Urteilens und des Handelns ist, generiert er Identität von Individuen,<br />

Gruppen, Klassen und ganzen Kulturen. In diesem Sinne kann man<br />

Identität als einen kollektiven Zustand verstehen, der aus der geschichtlichen<br />

Kumulierung von objektiven und inkorporierten Relationen hervorgeht.<br />

Der Kumulationsprozess weist dabei wohl Regelmäßigkeit auf,<br />

nicht aber Notwendigkeit. Deshalb kann man Identität frei nach Richard<br />

Rorty auffassen als kollektiv und individuell inkorporiertes „Netz aus<br />

166 Vgl. zur Ekkleisologie S. 234, 240.<br />

167 Sie ermöglicht den Zusammenhang von „Identität und Sozialität“, wie er von Konrad<br />

Raiser: Identität, für die theologische Anthropologie anhand George Herbert Meads schon<br />

vor langer Zeit entfaltet worden ist, zugleich für individuelle Akteure und ganze Kirchen zu<br />

explizieren.<br />

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