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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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dem Theorem der Homologie unterschiedlicher gesellschaftlicher Zeichensysteme<br />

Gesellschaft und Religion wieder zusammenführte. 24 Diese Entwicklung<br />

ist meines Erachtens zu begrüßen. Sie eröffnet Möglichkeiten der<br />

Untersuchung von nicht-europäischen Kulturen, in denen Religion und<br />

Gesellschaft bzw. Kultur nicht in Opposition zueinander erfahren werden.<br />

Religion als <strong>Praxis</strong>feld einer Kultur zu betrachten, eröffnet die Möglichkeit,<br />

sich vermittels kultursoziologischer Verfahrensweisen analytisch über die<br />

Trennung der Religion von anderen gesellschaftlichen Bereichen hinwegzusetzen,<br />

ohne allerdings die Unterscheidung von Feldern aufzugeben.<br />

Auf jeden Fall aber geht eine große Anzahl theologischer Annäherungen<br />

an den Religionsbegriff noch von der Trennung zwischen Religion und<br />

Kultur aus. 25<br />

Sie suchen auf sehr verschiedene Weise immer wieder etwas Einmaliges,<br />

Besonderes, nicht „auf etwas anderes Reduzierbares“ im Begriff<br />

der Religion festzuhalten: die objektiv geltende Präsenz des Göttlichen<br />

oder des Heiligen oder des Ganzen in der Religion schlechthin (oder nur<br />

im Christentum); den Aufweis der Voraussetzungslosigkeit des Individuums,<br />

des Gegebenseins des Lebens oder der Religion als solcher. Alle diese<br />

Auffassungen beruhen auf einer Trennung von Religion und Kultur; und<br />

zugleich zielen sie auf das Postulat eines allgemeinen Wesens, eines transzendenten<br />

Gehalts von Religion als etwas Objektivem, auch dann, wenn<br />

Rekurs auf das Subjekt genommen wird. 26 Sie zielen auf universale Geltung,<br />

objektive Begründung und Selbständigkeit der Religion. Religion<br />

(und damit Christentum) wird somit aus Kultur und Gesellschaft herausgelöst,<br />

indem man der Religion eine andere Genese bzw. einen anderen<br />

„Grund“ zuschreibt.<br />

24 Im Feld der <strong>Theologie</strong> wäre an das Verhältnis von Religion und Kultur bei Paul Tillich<br />

zu denken.<br />

25 Vgl. Wagner: Religion, und unten, S. 272 ff.<br />

26 Das verfolgt auch Schleiermacher, indem er die Religion an eine „Provinz im Gemüt“<br />

bindet. Bei aller Polemik gegen die Metaphysik und das „Wunderliche“ ihrer Systeme von<br />

Anschauungen (vgl. Schleiermacher: Religion, 55, Zweite Rede) ist doch die Begründung der<br />

Besonderheit der Religion im subjektiven „Gefühl“ auch nichts anderes als eine Begründung,<br />

die auf objektive Geltung der Religion zielt. Dementsprechend distanziert er sich im<br />

Blick auf das „Sich-schlechthin-abhängig-Finden“ explizit von dessen „unfrommer<br />

Erklärung“ (die dieses Gefühl lediglich auf die „Ganzheit und Gesamtheit alles Endlichen“<br />

bezieht) und argumentiert für das „Mitgesetztsein Gottes“ im Gefühl der schlechthinnigen<br />

Abhängigkeit (Schleiermacher: Glaube I, 172 f., § 32, 2b).<br />

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