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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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aber gerade nicht dadurch erzeugt, dass zunächst einmal diskursive Differenzen<br />

aus dem Weg geräumt würden. Die begriffliche Einheit im Blick<br />

auf die Gottesbilder ist, wie schon gesagt, nachrangig; die verschiedenen<br />

Auffassungen bleiben erhalten und nebeneinander bestehen. 91 Auf diese<br />

Weise wird in dieser spezifischen Situation ein praktischer Sinn erzeugt, der<br />

– wenn man ihn in theologischen Diskurs transformiert – Urteilen hermeneutischer<br />

<strong>Theologie</strong> entspricht. Genauer: Die Widersprüche zwischen den<br />

Gottesbildern – als präsente und bleibende Verschiedenheit – bei gleichzeitiger<br />

gegenseitiger Anerkennung der verschiedenen Auffassungen (in<br />

der <strong>Praxis</strong> gemeinsamen Gebets) zeigen schlicht und einfach auf: über Gott<br />

kann man nichts sagen, von ihm kann man gemäß der Erfahrung unterschiedlich<br />

reden, doch zu ihm kann man gemeinsam sprechen. Die semantischen<br />

Paradoxien in der beschriebenen Situation des interreligiösen<br />

Gebets sagen also in der „Sprache“ der praktischen Logik etwas aus, was<br />

einer Erkenntnis hermeneutischer <strong>Theologie</strong> im Blick auf den interreligiösen<br />

Dialog entspricht: nicht die Proposition, sondern die Doxologie, und<br />

damit die Metapher, ist die Grundform theologischer Rede von Gott.<br />

Betrachtet man Absolutheitsansprüche und ihre Konflikte miteinander<br />

in ihrer Bedeutung für eine theoretische Religionswissenschaft oder eine<br />

selbstkritisch reflektierende <strong>Theologie</strong>, die durch eine hermeneutische<br />

Schule gegangen ist, kann man sie als Spezialfälle eines missverstandenen<br />

Transzendenzverweises auffassen. Voraussetzung ist, dass man den Transzendenzverweis<br />

als Grenzbestimmung auffasst. Dem liegen zwei Entscheidungen<br />

voraus, die den Unterschied des wissenschaftlichen zum alltagspraktischen<br />

Umgang mit dem Transzendenzverweis markieren. Erstens: Es ist klar,<br />

dass man den praktischen Verweis auf Transzendenz mitsamt seiner impliziten<br />

Abbildtheorie des Erkennens und dem unmittelbaren Absolutheitsanspruch<br />

nicht einfach übernehmen kann, so als könne man theologisch<br />

verantwortete objektiv wahre Aussagen über das Ding „Gott“ machen.<br />

Deshalb zweitens: Der Transzendenzverweis theologischer Rede<br />

wird eben nicht durch Abbildung, sondern durch die metaphorische Funktion<br />

der Sprache kulturspezifisch evoziert, und theologische sowie religionswissenschaftliche<br />

Spezialisten sind sich dessen bewusst. Die Metaphorik<br />

konstruiert Verweise auf das Absolute, aber sie bildet es nicht ab.<br />

Vielmehr kommt hier eine andere Funktion religiöser Sprache in den Blick:<br />

91 Wenn an solchen Gebeten zum Beispiel auch ein buddhistischer Mönch teilnimmt, ist<br />

ja sogar der Widerspruch zwischen einem persönlichen und einem nicht-persönlichen Bild<br />

des Heiligen in der Situation präsent.<br />

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