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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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eben als gedachte Objekte, nicht als transzendente Realien. 48 Dennoch verzichtet<br />

James nicht darauf, seine pragmatische Sicht vom realen Kontakt<br />

mit einer „größeren Wirklichkeit“ darzustellen. (James: Vielfalt 492 ff.)<br />

Aber er führt diese Ansicht nicht als religionswissenschaftliche oder metaphysische<br />

Feststellung aus, sondern als seinen persönlichen Glauben.<br />

Die unentwegte Suche nach dem Wesen der Dinge hängt mit dem Verhältnis<br />

von Ontologie und Sprache zusammen. In den europäischen Sprachen<br />

sind die Grammatiken im Allgemeinen der aristotelischen Substanzontologie<br />

verpflichtet. „Nomina wurden (in der klassischen Grammatik,<br />

HS) gemäß ihrem ‚Bedeutungsmodus‘ als Wörter definiert, die sich auf<br />

‚Substanzen‘ beziehen (daher der Terminus Substantiv), Adjektive, als<br />

Wörter, die ‚Eigenschaften‘ angeben...“ (Lyons: Linguistik, 277), sich also<br />

auf die Akzidenzien beziehen. Charles S. Peirce definiert Substanz ganz<br />

ähnlich: „Was für sich selbst existiert und dem die Akzidenzien inhärieren;<br />

was Modifikationen erfährt und selbst kein Modus ist; was in der dinglichen<br />

Realität dem Subjekt in der Logik entspricht.“ (Peirce: Naturordnung<br />

469) Sofort problematisiert er allerdings diese Definition durch die schlichte<br />

Feststellung, dass es indessen schwierig sei, „eine Eigenschaft zu finden,<br />

an der Substanzen erkannt werden können“, und dass viele Philosophen<br />

lediglich meinten, „was beharrlich sei, sei Substanz“ (ebd.).<br />

Das substanzialistische Denken macht sich fest an der Erfahrung, dass<br />

die Dinge in der Welt eine gewisse Konstanz in der Erscheinung aufweisen<br />

und sich dem Auge der Betrachter meist als definite, kompakte Ganzheiten<br />

mit bestimmten Eigenschaften darbieten. Nicht selten wird, wie etwa bei<br />

den Stoikern, die Substanz mit einem stofflichen oder quasi-stofflichen<br />

Substrat assoziiert. Diese Vorstellung kommt der Alltagswahrnehmung der<br />

Dinge und der Idealvorstellung der erkennenden Subjekte von sich selbst<br />

als in sich selbst gegründeten, aus sich selbst heraus bestimmten und noch<br />

dazu beharrlichen Wesen sehr entgegen. Dieser in der unmittelbaren<br />

Wahrnehmung sich aufdrängenden Ganzheit entspricht die Ganzheit der<br />

48 Vgl. James: Vielfalt 481 f. Hier wäre als sozialer Aspekt zu ergänzen, dass die gedachten<br />

Objekte als gedachte natürlich auch in sofern objektive Realität sind, als sie durch das<br />

Hervorrufen von Handlungen objektive Effekte erzeugen. Wenn also so ein gedachter<br />

Dämon in der Reisetasche an der Fuller Theological School bei einem Studenten einen hysterischen<br />

Anfall provoziert, so dass dieser stürzt und sich einen Arm bricht, dann ist der<br />

Dämon als gedachter durchaus eine soziale Realität. Eine soziale Gruppe erkennt seine<br />

Realität an und damit ist er in der Lage, unter bestimmten Bedingungen physische Effekte<br />

zu erzeugen.<br />

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