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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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hinreichend kohärente praktische Logik herzugeben; 8 und an den „Rändern“<br />

werden solche Netze immer offener, immer weniger bestimmt und<br />

immer fähiger zur Kombination mit anderen. Forschungsgegenstände<br />

(zum Beispiel religiöse Gruppen oder <strong>Theologie</strong>n) brauchen somit nicht<br />

mehr als in sich geschlossene und nach außen fest abgegrenzte „Einheiten“<br />

(Substanzen, Subjekte) konstruiert werden.<br />

Als letzte wichtige Eigenschaft des Modells ist seine Vielseitigkeit zu<br />

nennen. Praktische Wirksamkeit, Bindung an Akteure und Offenheit sind<br />

drei grundlegende Elemente für das Modell des Netzwerks. Hiervon ausgehend<br />

kann das Modell in einer großen Bandbreite variiert werden. Entsprechend<br />

zu den verschiedenen Aspekten des Habitus in der bourdieuschen<br />

Theorie kann man sofort kognitive, affektive und leibliche Dispositionen<br />

voneinander unterscheiden. Sodann sind die Dispositionen des<br />

Habitus immer zugleich individuell und kollektiv; das heißt, sie lassen sich<br />

für einzelne Personen, für Gruppen, für ganze Kirchen oder sogar Kulturen<br />

rekonstruieren und konstruieren sowie in den verschiedensten Hinsichten<br />

miteinander vergleichen. Auf diese Weise kann man die Netzwerke<br />

von unterschiedlichen Dispositionen auch verstehen als die Gehalte von<br />

unterschiedlichen Identitäten. Aufgrund der logischen und geschichtlichen<br />

Unabgeschlossenheit der Netze, kann man Verhältnisse zwischen verschiedenen<br />

Akteuren mit unterschiedlichen Identitäten im Blick auf Übereinstimmungen<br />

und Unterschiede differenziert beschreiben. Dabei sind die<br />

Netze nie abstrakt, sondern werden immer ausgehend von den Inhalten<br />

praktischer Schemata rekonstruiert. Sie sind an materialen Gehalten von<br />

<strong>Praxis</strong> orientiert.<br />

Diese Materialität der unterschiedlichen identitätsbildenden Netze bei<br />

gleichzeitiger Relativität untereinander erlaubt es zudem, sie als Rationalitäten<br />

im Sinne der Theorie transversaler Vernunft von Wolfgang Welsch (Vernunft<br />

624 ff.) zu behandeln. Dies wiederum ermöglicht, die Prozesse des<br />

transversalen Brückenbaus zwischen verschiedenen Rationalitäten und der<br />

Vernetzung dieser Rationalitäten miteinander nicht nur besser zu verstehen,<br />

sondern auch voranzutreiben – und zwar ohne das Unterschiedene<br />

in eine „höhere Einheit“ hinein aufzuheben. Praxeologisches Netzwerk-<br />

Denken und transversale Vernunft lassen sich somit vorzüglich miteinander<br />

verknüpfen. Durch die Kombination der beiden Ansätze eröffnet<br />

sich ein noch weit größeres Spektrum ihres Gebrauchs in der <strong>Theologie</strong><br />

8 ...was natürlich nicht heißt, dass sie nicht penibel rekonstruiert werden müssten.<br />

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