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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Diese beiden Beispiele zeigen Anforderungen und Chancen praxeologischer<br />

Lektüre religiöser <strong>Praxis</strong>. Die Anforderung liegt vor allem darin,<br />

das theologische Beschreibungs- und damit auch Selbstbeschreibungsvokabular<br />

im Blick auf <strong>Praxis</strong> zu verbessern. Chancen gibt es viele. Eine<br />

liegt darin, selbst Diskurse hervorbringen zu können, die den praktischen<br />

Anforderungen der eigenen religiösen Position und der Verständigung mit<br />

Anderen besser gewachsen sind. Eine andere liegt in verbesserten Möglichkeiten<br />

des Vergleichs, was wiederum auf bessere Ansätze für gegenseitiges<br />

Verstehen und für mehr Kooperation hinausläuft. Insbesondere die Beschreibung<br />

religiöser Praxen als offene Netze von Dispositionen gibt hier<br />

einige neue Möglichkeiten: Sie erlaubt, eigene und fremde Identitäten in<br />

eben diesem Modell zu beschreiben und (an den Stellen der Überlappung<br />

der Netze) recht präzise aufeinander zu beziehen. Dabei bleibt zugleich<br />

sichtbar, dass solche Überlappungen immer nur partiell sind. Aber es wird<br />

auch deutlich, welche Generalisierungspotentiale sie bergen und welcher<br />

Weg des Dialogs und/oder der Kooperation die interessantesten Entwicklungen<br />

verspricht.<br />

Eine weitere Chance eines praxeologischen Vokabulars liegt darin, die<br />

anthropologische Dimension der Diskussion um die <strong>Theologie</strong> der Religionen<br />

und den interreligiösen Dialog genauer in den Blick zu bekommen. Ich<br />

möchte hier an eine Beobachtung von Ulrike Link-Wieczorek anschließen.<br />

„Die unverkennbare Gemeinsamkeit aller Religionen liegt doch darin, dass<br />

sie überhaupt bereit sind, sich von den großen Fragen des Lebens und der<br />

Identität des Menschlichen fesseln und in Verantwortung führen zu lassen.<br />

Ohne dass Religionen schon als direkte Ausdrucksorgane des ‚Unbedingten‘<br />

generell klassifiziert werden müssen, können sie sich doch auf dieser<br />

anthropologischen Ebene ‚erkennen‘. Letztlich erkennen sie sich an der<br />

Ernsthaftigkeit und Authentizität des Suchens.“ (Link-Wieczorek: Christus<br />

315) In ähnliche Richtung weist die Überlegung Perry Schmidt-Leukels,<br />

wenn er auf die praktischen „Früchte“ der Religionsausübung als (neutestamentliche)<br />

Kriterien der Beurteilung verweist und feststellt, „dass jede<br />

der großen Religionen eine vergleichbare Mischung aus Gutem und Bösem,<br />

aus Heiligem und Unheiligem enthält“ (Schmidt-Leukel: Religionstheologie<br />

266). Auf der Ebene des gläubigen Handelns ist das Christentum<br />

durchaus vergleichbar mit allen anderen Religionen. Handeln ist aber etwas<br />

anderes als ein (bewusster oder unbewusster) „Ausdruck“ von vorkonzipierten<br />

Entwürfen, die wiederum auf bewusste Urteile der Vernunft zurückgingen,<br />

welche ihrerseits von der Offenbarung erleuchtet ist. Man wird<br />

sich mit guten Gründen fragen müssen, ob das Konzept des Handelns als<br />

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