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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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esitzbar, nicht positiv zu kanonisieren ist“ 18 – ein durchaus evangelischer<br />

Gedanke, wie ich finde.<br />

Das Transzendieren des Partikularen auf das Allgemeine hin bleibt also<br />

möglich und notwendig; aber immer ausgehend von konkreten Lebensformen<br />

und in der Verbindung mit anderen Lebensformen, über das<br />

Verstehen des Eigenen und des Fremden und über praktischen Austausch.<br />

Damit bekommt Transzendenz – so paradox es klingt – pragmatischen<br />

Charakter. 19 Ethik wird dann topisch. Sie geht aus von den Lebensformen<br />

und deren Rationalitäten; und zwar in transzendentaler Hinsicht:<br />

Sie reflektiert auf mögliche Allgemeinheit ausgehend von konkreten Handlungsbedingungen.<br />

Auf diese Orte des Handelns richtet sich topische Ethik<br />

als erstes.<br />

2.5 Zwischenbilanz<br />

Im Blick auf die Globalisierungsproblematik ist Kompetenz im interkulturellen<br />

Verstehen unabdingbare Voraussetzung für ethische Urteile, die<br />

Geltung über die Grenzen partikularer Rationalitäten hinaus beanspruchen.<br />

Entsprechend müsste ich jetzt erst einmal über interkulturelles<br />

Verstehen reden. Das führt hier aber zu weit. Nur so viel: Ich halte für<br />

sozial-analytische Zwecke gerade im interkulturellen Zusammenhang den<br />

Ansatz des jüngst verstorbenen Soziologen Pierre Bourdieu für äußerst<br />

fruchtbar – und zwar gerade weil dieser Ansatz nicht von vornherein normativ<br />

orientiert ist. Der „altmodische Humanismus“, dessen Jürgen Habermas<br />

kürzlich Bourdieu in einem Nachruf gerühmt hat, ist damit gerade<br />

nicht ausgeschlossen. Lassen wir aber für diesen Vortrag den Punkt des<br />

interkulturellen Verstehens beiseite. 20<br />

Damit ist der nächste Schritt nun, „topische Ethik“ genauer in Augenschein<br />

zu nehmen: Gelingt es topischer Ethik, die partikularen Lebensformen,<br />

Rationalitäten und Kontexte für eine Perspektive auf das Allgemeine<br />

hin zu öffnen?<br />

18 „…Fällt eines der beiden Momente weg, so verkehrt Vernunft sich zu Unvernunft,<br />

und aus der Berufung auf Vernunft geht eine <strong>Praxis</strong> der Unvernunft hervor. Ein Verzicht<br />

auf den Ganzheitshorizont käme zwar einem Verzicht auf Vernunft gleich. Aber eine<br />

Positivierung des Ganzen würde die Vernunft ebenso zunichte machen, indem sie Vernunft<br />

in Rationalitäten verkehrte.“ (Welsch: Vernunft 662)<br />

19 Dies aber nicht im Sinne der apelschen Transzendentalpragmatik.<br />

20 Vgl. dazu Schäfer: Unterscheiden.<br />

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