02.12.2012 Aufrufe

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

theologischen Breitenwirkung des filioque im Protestantismus (etwa in<br />

Kirchenleitung, Pfarramt und Mission) sagen, dass es zu einer praktischen<br />

Subordination des Heiligen Geistes unter Christus (und die Kirche!) beigetragen<br />

hat. Es wäre eine interessante Aufgabe praxeologischer Dogmatik,<br />

Kirchenleitungen, Pfarrer und Gemeindeglieder zu befragen, wo sie<br />

den Wirkungskreis des Heiligen Geistes sehen. Ich stelle die Hypothese<br />

auf, dass die überwältigende Mehrheit diesen Wirkungskreis des Geistes<br />

durch Christus auf die Kirche beschränkt sieht. Die Ansicht, dass er außerhalb<br />

der Kirche – etwa auch in anderen Religionen – wirkt, dürfte eher die<br />

Ausnahme sein. Die kognitive Struktur des impliziten christologischen<br />

Arguments: Da der Heilige Geist von Christus ausgeht, beschränkt sich<br />

sein Wirken auf die Repräsentantin Christi in der Welt, die Kirche. Und<br />

weiter: Nur mit der Ausdehnung des Handlungsraumes der Kirche kann<br />

auch die Ausdehnung des Handlungsraumes des Geistes gedacht werden.<br />

Eine „babylonische Gefangenschaft“ des Heiligen Geistes in der Kirche.<br />

Die skizzierte Position würde von den Befragten vermutlich mit Verweisen<br />

auf neutestamentliche Pneumatologie gestützt werden. Damit wird implizit<br />

allerdings auch die sozialstrukturelle Voraussetzung neutestamentlicher<br />

<strong>Theologie</strong> übernommen: das Christentum als charismatisch-apokalyptische<br />

Sekte des Judentums in Abgrenzung gegen die dominante Religion und<br />

Gesellschaft. Dem entspricht eben eine gemeindezentrierte <strong>Theologie</strong> mit<br />

Schwerpunkt auf der Christologie und einer Einbindung der Pneumatologie<br />

in einen christologischen Rahmen. Relevante Aussagen christlicher<br />

<strong>Theologie</strong> für aktuelle gesellschaftliche Probleme lassen sich aus einem so<br />

strukturierten Vokabular nur schwer ableiten, ohne dass sie in die Alternative<br />

von Dominanz versus Isolation abzugleiten drohen.<br />

Ein heute relevantes materiales Vokabular systematischer <strong>Theologie</strong><br />

lässt sich meines Erachtens über die Pneumatologie erschließen. 188 Themenfelder<br />

wie Naturwissenschaft und Technik, Gerechtigkeit und nachhaltige<br />

Entwicklung, interkulturelle und interreligiöse Beziehungen, gesellschaftliche<br />

Protestbewegungen und vieles mehr lassen sich aus pneumatologischer<br />

Perspektive neu betrachten. Pneumatologie in einem trinitarischen<br />

Rahmen führt das theologische Denken aus der beschriebenen<br />

188 In jüngerer Zeit ist im Protestantismus das Interesse an der Pneumatologie größer<br />

geworden. Vielleicht ist auch das ein Indiz für ein Unbehagen am Christozentrismus. Vgl.<br />

Berkhof: Geist, Hollenweger: Geist, Kraus: Geist, Moltmann: Geist, Moltmann: Quelle, Müller-<br />

Fahrenholz: Welt, Schweizer: Geist, Timm: Phänomenologie, und Welker: Geist. In der Ökumene<br />

hat die siebte Vollversammlung in Canberra (Müller-Römheld: Canberra) die Reflexion<br />

voran gebracht; vgl. Castro: Wind, Stendahl: Energy.<br />

236

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!