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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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In religiöse Überlieferungen ist bereits eine Menschheitsgeschichte symbolisierender<br />

Generalisierungsarbeit eingegangen. Dieses Potential ermöglicht<br />

immer wieder die Transformation der die Kontingenzerfahrung erzeugenden<br />

Problemstellungen in religiöse Metaphorik. Dabei werden besonders<br />

in der Alltagsreligiosität die konkreten Kontexte ernstgenommen und nicht<br />

zu generellen Fraglichkeiten verwässert. Religiöse Sprache und Praktiken<br />

gehen nach unserer Auffassung also nicht aufgrund einer wesenhaften<br />

Ausrichtung an Letztem leichthin über Vorletztes hinweg. Sie transformieren<br />

vielmehr die Kontextbedingungen derart, dass sie in der religiösen<br />

<strong>Praxis</strong> zwar noch vorkommen, dies aber in einer veränderten Gestalt und<br />

vernetzt mit interpretativen Sinnelementen. Zudem schafft religiöse Arbeit<br />

Distanz von Krisenerfahrungen, und diese macht Problemlösung möglich.<br />

Die Kontingenzerfahrungen werden somit vermittels Metaphern bildender<br />

Arbeit und im Spiel der Homologien zwischen den Feldern auf das religiöse<br />

<strong>Praxis</strong>feld und in religiöse Sprache transformiert; mehr oder weniger<br />

unkenntlich, aber für die Betroffenen auf signifikante Weise. Vor allem<br />

aber werden die Kontingenzerfahrungen in einen neuen <strong>Praxis</strong>zusammenhang<br />

gestellt. Sie geraten in der religiösen Logik in die Nachbarschaft<br />

neuer Sinnelemente und werden unter den Bedingungen einer vom Ausgangsfeld<br />

unterschiedlichen Kapitalstruktur und -verteilung verwendet.<br />

Auf diese Weise können neue Wahrnehmungsweisen der Welt, neue<br />

Handlungsperspektiven und somit neuer Sinn für die Ausgangssituation<br />

erzeugt werden – wodurch dann die Ausgangssituation auch nicht mehr<br />

dieselbe ist.<br />

In dem beschriebenen Prozess spielen religiöse Inhalte natürlich eine<br />

zentrale Rolle. Diese variieren von Religion zu Religion und dann noch<br />

von Kontext zu Kontext. Sie entstehen im Prozess religiöser Traditionsbildung<br />

und lassen sich als Gesamtheiten von Zeicheninventaren denken.<br />

Je nach Kontext werden unterschiedliche Zeichen für die Akteure besonders<br />

relevant und andere werden kaum wahrgenommen. Aus praxeologischer<br />

Sicht sind diese Zeichen nicht einfach Inhalte für sich, sondern<br />

Operatoren praktischer Logiken im immer schon von unterschiedlichen<br />

Positionen strukturierten religiösen Feld. Sie operieren in spezifischen (eben<br />

religiösen) Auseinandersetzungen und Kooperationen, in Kämpfen um<br />

Anerkennung, Legitimität, Würde, (Über-) Leben und Errettung. Weder<br />

die Pfingstler noch die Neopfingstler, die ich studiert habe, haben sich ihre<br />

<strong>Theologie</strong>n einfach aus dem Boden ihrer Kontexte gestampft. Sie haben<br />

vielmehr religiöse Angebote der enthusiastischen Tradition, offeriert durch<br />

Missionsgesellschaften, in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten<br />

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