02.12.2012 Aufrufe

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Sinn entsteht aus der Arbeit der Sprache und des Denken zwischen diesen<br />

Feldern.<br />

Anders gesagt, Sinn entsteht nicht durch ein vorgegebenes Zeichensystem,<br />

eine fertige Systematik oder einen fertigen Mythos. Sinn entsteht<br />

ausgehend von einer konkreten Nachfrage nach Sinn, die durch Bedürfnisse<br />

und Interessen zustande kommt. Die schon zitierte Analyse eines indigenen<br />

Mythos durch Lévi-Strauss (Anthropologie 204 ff.) zeigt, wie das Bedürfnis<br />

nach therapeutisch wirksamem Sinn einen Mythos strukturell verändert<br />

(Lévi-Strauss: Anthropologie 220 f.) und ihm eine spezifische, kontextuelle<br />

Bedeutung gibt. Die mythische Erzählung vom Hinauf- und Hinabgehen<br />

wird in ihrem therapeutischen Gebrauch durch einen Schamanen zwecks<br />

Erleichterung eines schwierigen Geburtsvorganges zu einer Erzählung von<br />

einer phasenweisen Öffnung des Geburtskanals und entfaltet als solche ihre<br />

spezifische Wirkung auf die Gebärende. Der Mythos gewinnt hier seine<br />

Bedeutung, seine Wirkung im Kontext und damit seinen Sinn durch seinen<br />

Gebrauch gemäß einer spezifischen Nachfrage. Der praktische Sinn (hier<br />

verstanden als Sinn für die <strong>Praxis</strong>) arbeitet je „nachdem, ‚um was es geht‘,<br />

also nach dem Prinzip der stillschweigenden und praktischen Relevanz“<br />

(Bourdieu: Sinn 163). Er orientiert sich somit an einer wirksamen Nachfrage,<br />

um sinnhafte Zeichensysteme zu erarbeiten.<br />

Das heißt für praxeologische <strong>Theologie</strong>, dass man wissen muss, „worum<br />

es geht“, wenn man sinnvolle <strong>Theologie</strong> treiben und andere <strong>Theologie</strong>n<br />

hinreichend verstehen will. Für <strong>Theologie</strong> kommt es also darauf an,<br />

die praktische Arbeit der Sprache besser zu verstehen. Damit steht nun die<br />

praxeologische Kultursoziologie als ein Ansatzpunkt für kontextuelle<br />

<strong>Theologie</strong> im Mittelpunkt der Überlegungen.<br />

4. Sozialwissenschaft: Grundzüge des praxeologischen Vokabulars<br />

Im letzten Schritt zur Verortung des eigenen Ansatzes möchte ich einige<br />

Grundzüge des Denkstils Pierre Bourdieus vorstellen. Es wird schnell<br />

deutlich werden, dass hermeneutisches Denken mit Interesse an sozialwissenschaftlicher<br />

Vertiefung hier vorzügliche Anschlussmöglichkeiten findet.<br />

127

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!