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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Die restaurative Eschatologie neopfingstlicher Kirchen im Guatemala<br />

der achtziger Jahre ist ein Paradebeispiel für die symbolische Arbeit zwischen<br />

religiösem und politischem Feld.<br />

Mitte der achtziger Jahre ist die unter den dortigen Protestanten vorherrschende<br />

Eschatologie prätribulationistisch und prämillenaristisch. Die<br />

Kirchen gehören in ihrer Mehrzahl der Unterschicht und unteren Mittelschicht<br />

an und können mit diesen Eschatologien, die gesellschaftliches<br />

Engagement stark einschränken, gut leben. Der größte Teil des protestantischen<br />

Feldes in Guatemala verficht diese Varianten der Eschatologie als<br />

absolute Wahrheit. Nicht so neopfingstliche Kirchen, die meist der oberen<br />

Mittelschicht und Oberschicht angehören.<br />

Die von mir untersuchte Elim-Kirche war 1982 durch einen „Putsch“<br />

in der Leitung auf neopfingstlichen Kurs gebracht und auf politisches<br />

Engagement ausgerichtet worden. Viele ihrer Mitglieder waren den Prämillenarismus<br />

gewohnt. Damit stand eine Transformation an (die vorher<br />

schon auch im Protestantismus in den USA stattgefunden hat) 136 : Man<br />

schiebt einfach zwischen die Gegenwart und die bald erwartete Entrückung<br />

der Kirche eine verzögernde Periode ein. Für diese Periode wird eine<br />

Restauration in Aussicht gestellt, welche die Einen als Restauration nur der<br />

Kirche, die Anderen aber – entsprechend ihrer gesellschaftlichen Handlungsperspektiven<br />

– auch als Restauration von Kirche und Nation verstehen<br />

können. Damit ist die Grundlage für ein religiös-politisches Konnotationssystem<br />

gelegt.<br />

Exkurs: Zur Eschatologie der Restauration (Beispiel 2)<br />

Zur Illustration des theologischen Zusammenhangs dieser Umwandlung sei hier<br />

anhand einer Sequenz aus einem Interview mit einem neopfingstlichen Kirchenfunktionär<br />

das empirische Szenario umrissen:<br />

„Wir glauben, dass eine schwierige, eisige, schreckliche Epoche über die Welt<br />

kommen wird, Tribulation genannt. Wir glauben, dass diese Epoche sieben Jahre<br />

dauern wird. Wir nehmen an, es handelt sich um die siebzigste Woche von Daniels<br />

Prophezeiung der siebzig Wochen handelt. (Nach Dan. 9,20ff) Aber wir glauben<br />

auch, dass es, ebenso wie es sieben magere Kühe gibt, vorher auch sieben fette<br />

Kühe geben wird; und dass, bevor die Zeit der dürren und versengten Ähren<br />

136 Vgl. Schäfer: Protestantismus 82 ff. Ähnliches kennt man aus der Verarbeitung der<br />

Parousieverzögerung in der lukanischen <strong>Theologie</strong>.<br />

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