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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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der jeweiligen praktischen Logik wird somit kommunizierbar. Damit sind<br />

Missverständnisse über die wirkliche Bedeutung von Lehrinhalten weniger<br />

leicht möglich. Zugleich sind die <strong>Theologie</strong>n (als offene und teilweise in<br />

sich widersprüchliche Netzwerke) miteinander auf bestehende Übereinstimmungen<br />

hin vergleichbar, nun aber unter Berücksichtigung der jeweiligen<br />

<strong>Praxis</strong>formen. Und sie sind beschreibbar im Blick auf ihre Transformationsfähigkeit<br />

unter den Bedingungen des ökumenischen Feldes und<br />

dessen Interessen, zum Beispiel eben der Suche nach Einheit. Solche<br />

unterschiedlichen kirchlichen Rationalitäten werden folglich nicht mehr<br />

auf so etwas wie ihr „Wesen“ und eine darin immanente Verpflichtung zur<br />

Einheit angesprochen, sondern vielmehr auf ihre Gemeinsamkeiten, ihre<br />

Anknüpfungsfähigkeit und ihre legitimen und illegitimen Differenzen hin.<br />

Eine weitere Konsequenz des Ansatzes für die Einheitsdebatte ist, dass<br />

Eigenschaften der Kirche auf veränderte Weise ins Gespräch kommen.<br />

Wenn man sich primär für Relationen interessiert, kann man sagen, dass<br />

die Beziehungen, die eine Kirche zu anderen Kirchen und zur Welt unterhält,<br />

Auskunft über die Eigenschaften dieser Kirche geben – zumindest<br />

ebenso viel wie deren theologische Selbstpräsentation. Theologische Traditionsbestände,<br />

wie etwa die notae ecclesiae, könnten dann nicht mehr als<br />

realisierte Eigenschaften von kirchlicher Institution noch als teleologische<br />

Zielpunkte asymptotischer Annäherung behandelt werden. Sie wären<br />

vielmehr regulative Ideen für die faktischen Beziehungen von Kirchen zu<br />

Anderen. Die Universalität einer Kirche würde sich an ihrer Fähigkeit<br />

erweisen, eigene Wertvorstellungen in Dialog und Kooperation allgemein<br />

plausibel zu machen; ihre Heiligkeit wäre das Dasein einer Kirche für<br />

Andere; ihre Apostolizität würde Anderen als sichtbares Zeugnis apostolischer<br />

<strong>Praxis</strong> erkennbar und anerkennbar werden; und ihre Fähigkeit zur<br />

Einheit würde sich daran bemessen, wie viel von sich selbst diese Kirche<br />

für die Gemeinschaft mit anderen Kirchen zu geben und aufzugeben<br />

bereit ist.<br />

Theologische Vernunft operiert nach praxeologischer Auffassung nicht,<br />

indem sie über der gesamten Landschaft schwebt und aus der Vogelperspektive<br />

allgemeine Wahrheiten und Verpflichtungen formuliert. Sie operiert<br />

vielmehr „transversal“ (Welsch). Sie ist eine Leistung von konkreten<br />

Akteuren. Diese gehen von ihren eigenen Positionen, Habitus und Rationalitäten<br />

aus und schlagen von hier Brücken zu anderen Rationalitäten,<br />

seien dies andere Kirchen oder auch das ökumenische Feld selbst. Damit<br />

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