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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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chem Abstand arbeitet Barth dieses Problem in seinen Überlegungen über<br />

Die protestantische <strong>Theologie</strong> im 19. Jahrhundert auf. „Das Problem aller ihrer<br />

Probleme war damit gegeben, dass sie sich entscheidend auf die Auseinandersetzung<br />

mit dem Zeitalter ... einstellen zu müssen meinte.“ (Barth:<br />

Jahrhundert 577) Durch die Art und Weise ihrer „Einstellung“ auf das<br />

Zeitalter wurde die liberale <strong>Theologie</strong> zur bloß reaktiven Apologetik. Die<br />

Kritik Barths gelangt zu folgender Feststellung: Das Problem der liberalen<br />

Theologen liege darin, dass „ihr Bemühen auf den Aufweis der Möglichkeit<br />

des Glaubens im Zusammenhang und unter den Bedingungen der für<br />

ihre Zeitgenossen und doch auf für sie selbst jeweils maßgebenden Weltbilder<br />

gerichtet waren (sic!), genauer gesagt: auf den Aufweis desjenigen<br />

Punktes in diesen Weltbildern, an welchem sich die freie Anerkennung der<br />

Gültigkeit der christlichen Botschaft und also der Glaube mit mehr oder<br />

weniger Dringlichkeit nahelegen...“ (Barth: Jahrhundert 580). Der Vorwurf<br />

läuft auf zweierlei hinaus: die Verdinglichung des christlichen Glaubens zu<br />

einer Sache, über die sich unter allgemein religiösen Termini verhandeln<br />

lasse, sowie implizite Anknüpfungstheologie.<br />

Ein zweites wichtiges Problem des theologischen Liberalismus ist eng<br />

mit einem bedeutenden Verdienst verknüpft: die Historisierung des christlichen<br />

Glaubens. Barth erkennt ausdrücklich an, dass der Blick auf das Christentum<br />

als einer geschichtlichen Größe durchaus dem geschichtlichen Charakter<br />

des Glaubens an Jesus von Nazareth entspricht und wichtige Früchte<br />

für Bibelauslegung und Dogmengeschichte (Harnack!) gehabt habe. (Barth:<br />

Jahrhundert 586 ff.) Das Problem liege darin, dass der Glaube selbst zu<br />

einem historischen Phänomen gemacht werde. Dies führe dazu, als Theologe<br />

das Christentum in der Weise objektivieren zu müssen, dass man sich<br />

über es stelle und nicht mehr aus seiner Mitte heraus rede. Die <strong>Theologie</strong><br />

des 19. Jahrhunderts hat deshalb allenfalls Glück gehabt, dass ihr „Gegenstand...<br />

mächtig genug war, um auch durch das problematische Transparent<br />

und Medium dieser (scil.: historisch-kritischen, HS) Forschung für<br />

sich selbst zu sprechen“ (Barth: Jahrhundert 588). Schon in der frühen<br />

Phase der Kritik spielt dieses Argument eine wichtige Rolle: Im Blick auf<br />

die Funktion historischer Kritik hebt Barth gegen Harnack hervor, es<br />

komme nicht darauf an, dass die Bibelwissenschaft Grundlagen bestätige,<br />

die keine sind (weil nicht „von Gott selbst gelegt“); vielmehr komme es<br />

darauf an, dass der „fleischliche Mensch“ sich durch die Botschaft gehörig<br />

„erschrecke“. Worauf es ankommt, ist der Bruch zum „fleischlich“ geleb-<br />

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