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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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chen Kräften. Sie wirken als Erwiderung und Selbstbekräftigung. Unter<br />

diesem Blickwinkel hat auch die trinitarische Struktur der meisten Bekenntnisse<br />

eine doppelte Bedeutung. Zum einen stellt sie Inhalte, auf die<br />

es den Bekennenden ankommt, in den interpretativen Rahmen der Trinität.<br />

Diese Inhalte kann man dann als Spezifika von unterschiedlichen<br />

Bekenntnissen fassen – etwa das filioque in der späten Fassung des Apostolikums<br />

im Unterschied zum Nicänum. Zum anderen dient die trinitarische<br />

Struktur als solche zur Proklamation der Legitimität positionsspezifischer<br />

Inhalte, indem sie für diese Inhalte eine Identität mit der allgemein<br />

gültigen Orthodoxie christlichen Glaubens reklamiert und die partikularen<br />

Inhalte so in einem Feld der Auseinandersetzungen gegen Andere behauptet.<br />

Im Blick auf die rein semantisch verstandenen Inhalte hebt ein<br />

Bekenntnis also die Orthodoxie und das Gemeinsame hervor: Die Inhalte<br />

stehen für die rechtgläubige Gemeinschaft. Betrachtet man aber den Gebrauch<br />

eines Bekenntnisses und seinen Gebrauchswert in den Auseinandersetzungen<br />

des theologischen Feldes, so liegt seine Bedeutung gerade<br />

in der Proklamation und Legitimation von Differenz: Die Gemeinschaft<br />

der Rechtgläubigen genießt natürlich Legitimität im Unterschied zu den<br />

Gemeinschaften der Irr- oder Ungläubigen. Diese Doppeldeutigkeit macht<br />

semantisch orientierte Vermittlungsversuche zwischen Bekenntnispositionen<br />

(wie etwa den von Moltmann in der neueren Debatte um das filioque) 111<br />

zugleich interessant und setzt sie der Gefahr der Wirkungslosigkeit aus. Auf<br />

der Ebene der Zeichenbedeutungen eröffnet die Mehrdeutigkeit kommunikative<br />

Möglichkeiten, die aber nur dann wirksam werden, wenn man den<br />

Wert der durch die Bekenntnisse konstruierten Differenzen im Gebrauch<br />

auf den Feldern der theologischen und der weiteren gesellschaftlichen<br />

Auseinandersetzungen berücksichtigt. Dabei meint „Wert“ hier zugleich<br />

ihre Wirkung und ihre Bedeutung (die natürlich voneinander abhängen).<br />

Eine derartige Orientierung am Gebrauch in einem gesellschaftlichen<br />

Kontext ist semiotischen Analysen, die nur auf die Relation der Zeichen<br />

im Zeichensystem achten, ebenso verschlossen, wie einer hermeneutischen<br />

Interpretation, die nur auf den individuellen Gebrauch bzw. die Funktion<br />

für das isolierte Subjekt achtet.<br />

Ein Modell der praktischen Logik sollte beide Dimensionen beachten:<br />

die Struktur und den Gebrauch. Des weiteren gilt es zu sehen, dass prakti-<br />

111 Vgl. Vischer: Geist, und darin Moltmann: Vorschläge.<br />

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