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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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ve Systeme offenbarter Wahrheiten behandeln oder <strong>Theologie</strong>n ganz auf<br />

die sie entwerfenden Subjekte zurücknehmen.<br />

<strong>Theologie</strong>n werden vielmehr von Akteuren erzeugt, deren Kontexte<br />

ihnen zugleich „äußerlich“ als auch „innerlich“ sind. Ein Kontext ist den<br />

Akteuren äußerlich, insofern es sich etwa um gesellschaftliche Institutionen,<br />

um objektive Prozesse (etwa demokratische Prozeduren) oder um<br />

Gegenstände handelt. Zugleich ist ein gewohnter Kontext den Akteuren<br />

auch inkorporiert als ein Netz von entsprechenden Dispositionen, welche<br />

die Operationen der praktischen Logik orientieren und begrenzen. Diese<br />

Dispositionen sind sowohl dauerhaft als auch generativ: sie bewahren das<br />

Erfahrene und bringen aus seiner Verarbeitung Neues hervor.<br />

Es gibt also gar keine <strong>Theologie</strong>, die nicht kontextuell wäre. Die Dispositionen<br />

der Akteure fließen immer in die Produktion ein. Demnach<br />

entsteht in der Regel auch eine objektive Angepasstheit theologischer<br />

Arbeit an die Bedingungen des <strong>Praxis</strong>feldes und der gesellschaftlichen<br />

Position, aus denen sie hervorgebracht wird. Das gilt auch für Positionen<br />

intellektueller Produktion wie etwa Befreiungstheologie, die sich gegenüber<br />

Nachbarpositionen dadurch definieren, dass sie stellverstretend für Andere<br />

oder im Interesse von Anderen – etwa für die Armen – <strong>Theologie</strong> betreiben.<br />

Folglich ist es wichtig, die entsprechenden impliziten Axiome zu<br />

beachten und zu kontrollieren.<br />

Umgekehrt ist es aber auch von Bedeutung, mit dieser objektiven<br />

Angepasstheit kreativ zu arbeiten. Denn sie ist – bis zu einem gewissen<br />

Grad natürlich – die Voraussetzung einer praktischen Allgemeinheit (nicht<br />

einer theoretischen Universalität) der theologischen Theorie. Sie schafft die<br />

Voraussetzungen für Plausibilität von <strong>Theologie</strong> und deren Urteilen in<br />

christlichen Gemeinden und über deren Grenzen hinaus, denn sie kann<br />

auf Sinnnachfragen in adäquater Weise reagieren. Dies gilt ebenso für<br />

dogmatische als auch für ethische Diskurse, wenngleich die ethischen in<br />

theologischer Hinsicht meist weniger spezifisch und damit leichter kommunikabel<br />

sind. Wichtig ist in jedem Falle, dass die objektive Entsprechung<br />

zwischen Wahrnehmungsdispositionen und Kontext Ausgangspunkt<br />

für die Entwicklung und Kommunikation neuer Handlungsweisen<br />

werden kann.<br />

Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Pfarrerin und Gemeindeglieder<br />

im Ruhrgebiet die Türken in der Nachbarschaft – insbesondere deren<br />

Religion – als ungewöhnlich und fremd erfahren: Affektiv lehnt man sie<br />

ab. Die Pfarrerin teilt die Distanzerfahrung und die damit verbundene<br />

Wahrnehmungsdisposition. Aber sie verarbeitet diese Erfahrung theolo-<br />

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