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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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die Religionskritik in der Logik der Wissenschaft deutlich gezeigt hat, dass<br />

Religion in einem sehr engen Verhältnis zu den vielfältigen Wünschen und<br />

Bedürfnissen von Menschen steht, zum Beispiel ihre eigene Position als<br />

notwendig zu legitimieren. Menschen stellen sich demzufolge (in den<br />

Grenzen ihrer jeweiligen Praxen) Religion nach diesen Bedürfnissen her –<br />

und zwar mit dem Bezug auf eine Seinsordnung, die nicht von dieser Welt<br />

sein soll. Das pragmatische Verhältnis religiöser Menschen zur Religion hat<br />

gerade darin seine Stärke, dass die persönliche Erfahrung menschliche<br />

Bedürfnisse und das religiöse Allgemeine zusammenführt. 52 Dass die<br />

rationalistische Religionskritik des 19. und 20. Jahrhunderts gesagt hat, die<br />

Religion werde verschwinden, weil die Menschen immer rationaler werden,<br />

ist eine Sache; eine andere Sache ist, ob man es glaubt und welche Bedeutung<br />

man dieser Aussage beimisst. Man kann solch eine Aussage mit<br />

gutem Grund für eine rationalistische Verkennung des Lebensbezuges von<br />

Religion halten. Allerdings sollte man umgekehrt auch nicht viel auf die<br />

Lobpreisungen eines angeblichen Triumphs der Religion geben. Leute, die<br />

die „Rückkehr der Religion“ als den Erweis ihrer Wahrheit feiern, sind<br />

meines Erachtens dem Zug der rationalistischen Kritik gerade aufgesessen,<br />

und zwar auf dem Transportwagon für den „Schnee von gestern“: dem<br />

gleichfalls unhaltbaren Anspruch der Religionskritik auf Universalität. Auf<br />

diese Weise kommen zwei entgegengesetzte Universalitätsansprüche gegeneinander<br />

zu stehen, und in jedem Lager wird jede kleinste konjunkturelle<br />

Veränderung des gesellschaftlichen Feldes manisch oder depressiv, je<br />

nachdem, als Schritt zum endgültigen Sieg oder zur endgültigen Niederlage<br />

der Religion bewertet.<br />

Faktizität von Religion begründet meines Erachtens nicht ihre universale<br />

Geltung; allenfalls eine Geltung in sozial deutlich markierten Grenzen.<br />

Genauso hat auch Religionskritik deutlich markierte Grenzen, und der<br />

Absolutheits- oder Universalitätsanspruch als solcher natürlich auch. Faktizität<br />

von Religion besagt nichts anderes, als dass Menschen Religion praktizieren,<br />

nicht mehr und nicht weniger. Das heißt aber: Religion ist Realität.<br />

52 Gerade im Erfahrungsbezug behauptet Religion ihre Stärke und Realität gegenüber<br />

rationalistisch-wissenschaftlicher Religionskritik, wie James: Vielfalt 487 ff., in seiner Kritik<br />

an der „Rudiment-Theorie“ ausführt. Im Erfahrungsbezug gründet übrigens auch die<br />

Stärke und Realität von Religion gegenüber den Versuchen, sie (fundamentalistisch) zu<br />

verabsolutieren oder wissenschaftlich objektiv zu begründen.<br />

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