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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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So ist selbst das Interesse oder das Desinteresse am Dialog Ausdruck<br />

der Wahrnehmungs- und Urteilsdispositionen der entsprechenden Akteure<br />

unter bestimmten Konjunkturen ihrer <strong>Praxis</strong>felder. Das neuerliche<br />

westlich-christliche Interesse am Dialog hat, wie mir scheint, vor allem mit<br />

Folgendem zu tun: Einerseits erhebt die westliche Kultur durch Globalisierung<br />

der (Finanz-) Wirtschaft, des politischen Stils (parlamentarische<br />

Demokratie) und wichtiger Konsummuster einen faktischen (impliziten<br />

oder expliziten) Anspruch auf universale Geltung. Andererseits entstehen<br />

im kulturellen und religiösen Feld Gegenbewegungen, für die ein Großteil<br />

der westlichen Christenheit durch die antikolonialen Kämpfe schon sensibilisiert<br />

worden ist. Zudem lösen diese Gegenbewegungen neue politische<br />

Polarisierungen aus. Dazu kommt das direkte Zusammentreffen mit den<br />

Lebensformen fremder Religionen in unmittelbarer Nachbarschaft. Damit<br />

liegt der interreligiöse Dialog in unmittelbarer Verantwortung westlicher<br />

christlicher Kirchen und <strong>Theologie</strong>. Zum einen entspricht die Initiative<br />

zum Dialog den objektiven Machtkonstellationen im Feld der Globalisierung:<br />

Der Westen hat die Initiative. Aber sie reproduziert die dominanten<br />

westlichen Kulturstrategien nicht, sondern erzeugt eine kritische Gegenströmung.<br />

Insofern lässt sich die Offenheit für die Wahrheit anderer<br />

Religionen im politischen Feld durchaus auch in transformierter Weise<br />

lesen: als Aufforderung zur Offenheit für die Legitimität anderer Kulturen.<br />

Dies alles sind inner-westliche Angelegenheiten.<br />

Wenn sich Vertreter anderer Religionen dem Dialog verschließen oder<br />

auch öffnen, so hat auch das wiederum mit ihrer kontextuellen Einbindung<br />

zu tun. Wenn ein iranischer Moslem vor zehn Jahren sich dem Dialog<br />

mit dem Christentum verschloss, dann hatte das sicher auch mit der<br />

im Iran herrschenden Definition der Position jenes Landes im Prozess der<br />

Globalisierung zu tun. Wenn dort heute generell eine größere Offenheit<br />

herrscht, dann wohl nicht zuletzt deshalb, weil das iranische Modell gesellschaftlicher<br />

Kontrolle durch religiöse Autoritäten mittlerweile an seine<br />

Grenzen gestoßen ist; und zwar vor allem bei jüngeren Intellektuellen,<br />

ohne die das wirtschaftliche Überleben des Landes schwer vorstellbar<br />

erscheint.<br />

Tief inkorporierte Habitus der verschiedenen Religionen ebenso wie<br />

mittel- und kurzfristige gesellschaftliche Konjunkturen spielen eine Rolle<br />

für das Interesse am interreligiösen Dialog und für die Art und Weise, wie<br />

die Akteure in den Dialog hineingehen, welche Strategien sie verfolgen und<br />

wie viel Offenheit sie den Dialogpartnern entgegenbringen. Eine geeignete<br />

Methode zur Beschreibung dieser Umstände und der in ihnen wirksamen<br />

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