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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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chend klar ist, um praktisch verlässlich zu sein (so dass man über den<br />

Sachverhalt sinnvoll reden kann), reicht das aus für ein offenes Vokabular.<br />

Diese Offenheit entspricht den Bedürfnissen theologischer Arbeit.<br />

Ökumenische <strong>Theologie</strong> jedenfalls ist per definitionem offen; und <strong>Theologie</strong><br />

generell sollte es nicht nötig haben, sich (aus Prestigegründen?) mit einem<br />

aus den so genannten „exakten Wissenschaften“ entliehenen Anspruch auf<br />

logische Hyper-Präzision zu belasten. Das heißt keineswegs, dass man<br />

nicht genau hinschauen sollte. Man soll sogar sehr genau hinschauen, aber<br />

mit dem richtigen Augenglas. <strong>Theologie</strong> als Rechenschaft über den Glauben<br />

hat praktische Vollzüge zum Gegenstand. Für Religionswissenschaft<br />

gilt das sowieso. Formale logische Geschlossenheit kommt Glauben und<br />

Praktiken überhaupt nicht bei; ein offenes praxeologisches Vokabular ist<br />

viel geeigneter, diese Gegenstände präzis zu beobachten und angemessen<br />

über sie zu reflektieren.<br />

Der praxeologische Denkstil ist bewusst und auf reflexive Weise eine<br />

partikulare „Rationalität“ (Welsch) – eine unter vielen anderen Rationalitäten,<br />

teilweise auch metaphysisch verfassten. Er geht deshalb mit<br />

einem Wirklichkeitsverständnis einher, das Vieles gemein hat mit der von<br />

Picasso kreierten Multiperspektivität in der Malerei.<br />

Die bourdieusche Praxeologie inspiriert einen Versuch, unter den<br />

Bedingungen der zeitgenössischen Moderne auf eine ihr entsprechende<br />

Weise <strong>Theologie</strong> zu treiben. Diesem Denkstil entspricht in der Kunst nicht<br />

die flächige Abbildung von Personen und Gegenständen auf Goldgrund;<br />

ebensowenig wie in der <strong>Theologie</strong> die Produktform der summa theologica,<br />

dieses Großentwurfs des Ganzen, der sich zu anderen Großentwürfen nur<br />

exklusiv verhalten kann und deshalb in der disputatio durch refutatio des<br />

Anderen verteidigt wird. Auch entspricht dem praxeologischen Denkstil<br />

nicht die Zentralperspektive und der Entwurf des Ganzen vom Standpunkt<br />

des Subjekts her mit dem hegelschen Ziel der „Aufhebung“ des<br />

Anderen im Eigenen. Dem praxeologischen Ansatz entspricht die Vielfalt<br />

der Perspektiven. Er ordnet sich explizit ein in die Pluralität gleichrangiger<br />

Rationalitäten, unter denen die praxeologische eben nur eine ist. Die<br />

Relevanz- und Begründungsverpflichtung sozialer Praktiken (wie etwa der<br />

<strong>Theologie</strong>) in der Moderne wird durch die Orientierung des Denkstils an<br />

gesellschaftlich relevanten Problemstellungen eingelöst. Dies meint freilich<br />

nicht journalistischen Aktualismus. Auch praxeologische <strong>Theologie</strong> kann<br />

sich durchaus etwa mit Detailfragen antiker Zwei-Naturen Lehre, mit dem<br />

hypostasis-Begriff oder auch mit neuplatonischer Seelenlehre beschäftigen;<br />

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