02.12.2012 Aufrufe

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

profilieren. Und selbstverständlich müsste sie sich im Kontext der aktuellen<br />

Entwicklung theologischen Denkens verorten.<br />

So viel zur Formulierung eines Desiderates, dessen Erfüllung die Möglichkeiten<br />

der vorliegenden Überlegungen bei weitem übersteigt. Immerhin<br />

aber hat sich in meiner bisherigen theologischen Arbeit der Denkstil Pierre<br />

Bourdieus in hermeneutischer Hinsicht als fruchtbar erwiesen. 4 Er ist<br />

geeignet, einige der mit diesem Desiderat verbundenen Problemstellungen<br />

genauer zu fokussieren, insbesondere die Vermittlung von gesellschaftlichen<br />

Positionen und Diskursen in der praktischen Logik von <strong>Theologie</strong>.<br />

Bourdieusche Sozialwissenschaft und Philosophie – von Bourdieu selbst<br />

gelegentlich als „Praxeologie“ 5 bezeichnet – geben nicht nur deskriptive<br />

Mittel an die Hand, um theologische <strong>Praxis</strong> im gesellschaftlichen Kontext<br />

besser zu verstehen. Sie erweisen sich auch als nützlich zur – normativen<br />

– Konstruktion von <strong>Theologie</strong>. Indem das praxeologische Vokabular<br />

<strong>Theologie</strong> und Religion als menschliche <strong>Praxis</strong> zu beschreiben erlaubt,<br />

eignet es sich dazu, einige Aspekte theologischen Denkens angesichts der<br />

zeitgenössischen Relevanzproblematik stärker zu profilieren. Mehr soll im<br />

vorliegenden Buch nicht angestrebt werden. Damit erfolgt freilich auch<br />

eine Verortung der Überlegungen in einer breiteren Denktradition. Durch<br />

seinen relationalen und pragmatischen Charakter sowie seinen philosophiegeschichtlichen<br />

Hintergrund befindet sich Bourdieus Denkstil mitten<br />

in einem metaphysikkritischen Strom zeitgenössischen Denkens, der sich<br />

auch in der <strong>Theologie</strong> seit geraumer Zeit bemerkbar macht.<br />

Eberhard Jüngel weist auf diesen Vorgang und seine Konsequenzen<br />

für theologische Sprache hin: „Ein entscheidender Paradigmenwechsel<br />

übergreifender Art ist der in der Neuzeit vollzogene Übergang von der<br />

Substanz-Metaphysik zu einer an Ereignis, Subjekt (Vergewisserung und Sicherstellung<br />

durch das Subjekt) und Relation (deum quaerendum esse non<br />

en predicamento substantiae sed relationis) orientierten Ontologie und einer<br />

ihr korrespondierenden überlieferungskritischen Methode geschichtlichen Verstehens.<br />

Ich merke ausdrücklich an, dass die Substanz-Metaphysik (seit<br />

Aristoteles) theistisch verfaßt ist, während das neue Paradigma weder theistisch<br />

noch atheistisch verfaßt ist, sondern ein Denken jenseits Theismus<br />

und Atheismus möglich macht. ... Eine späte Folge dieses Paradigmen-<br />

4 Vgl. im Vorwort zum Forschungshintergrund des vorliegenden Buches und unten, S.<br />

29, zum Denkstil Bourdieus.<br />

5 Es gibt eine Tradition von wissenschaftlicher Praxeologie, die allerdings sehr peripher<br />

war und auf die ich mich hier nicht beziehe. Vgl. dazu Maluschke: Praxeologie.<br />

17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!