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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Kapital zu den notwendigen Bedingungen kirchlichen Lebens zählen. Eine<br />

Kirche als Institution kann sich nicht gegen sie entscheiden. Sie kann sich<br />

für Schlichtheit entscheiden und einen besonders gearteten Umgang mit<br />

ihren Kapitalien. Aber sie kann sich – um einen Extremfall zu nennen –<br />

nicht dafür entscheiden, keinerlei Praktiken auszuführen, die objektiv<br />

Anerkennung heischen. Man müsste schon zu jener Strömung von Quäkern<br />

gehören, die sich unter einem Baum zum Gottesdienst im gemeinsamen<br />

Schweigen versammeln, um sich aller Güter und Handlungen zu<br />

entschlagen, die geeignet sind, symbolisches Kapital und damit Macht über<br />

Andere zu erzeugen. Und selbst dann werden immer noch Menschen<br />

gerade diese <strong>Praxis</strong> als besonders anerkennenswert empfinden, sich ihr<br />

anschließen und ihr das Leben weihen. Das faktische Wirken von Kapital<br />

auf den Feldern der <strong>Praxis</strong> geht in die objektiven Strategien kirchlichen<br />

Handelns und in die Produktion von <strong>Theologie</strong> mit ein.<br />

Damit gilt, was wir schon für die Strategien gesagt haben, auch hier:<br />

Es ist wichtig, die eigene und fremde Orientierung und Begrenztheit durch<br />

die jeweilige Einbindung in die Ökonomie der <strong>Praxis</strong>felder zu berücksichtigen.<br />

Zum einen läuft das darauf hinaus, die objektiven Begrenzungen der<br />

jeweiligen Positionen im Blick auf theologische Konsensfähigkeit und<br />

Kooperation, kurz: im Blick auf die Bildung ökumenischer Gemeinschaft,<br />

besser kennen zu lernen. Damit kann ökumenische <strong>Theologie</strong> von überzogenen<br />

Erwartungen und Forderungen befreit werden und ihre Kreativität<br />

auf die Realisierung des tatsächlich Erreichbaren lenken. Zum anderen<br />

bekommt ökumenische Ethik einen viel realistischeren Ansatz, wenn sie<br />

die objektiven Beschränkungen und Möglichkeiten kirchlichen Handelns<br />

berücksichtigt und zugleich Macht und Herrschaft gerade dort aufzeigen<br />

kann, wo sie sonst nicht vermutet werden. Damit kann die Diskussion um<br />

die Legitimität von bestimmten Herrschaftsformen auf die Grundlage<br />

besserer Beschreibung gestellt werden; und man kann gangbarere Strategien<br />

empfehlen, um Not, Unfreiheit und Gewalt effektiver zu bekämpfen.<br />

Auch können im Feld des zwischenkirchlichen und theologischen Dialogs<br />

die spezifischen Orientierungen und Begrenzungen der Dialogpartner<br />

sachlicher behandelt und als dialogrelevante Kontextvariablen explizit<br />

berücksichtigt werden – sofern die jeweiligen Akteure sich dagegen nicht<br />

sperren. Denn wer redet schon gern von seinem Kapital?<br />

Auch redet niemand gern von Herrschaft durch Delegation, wenn es sich<br />

um die Verhältnisse in der eigenen Organisation handelt und die Gesprächspartner<br />

einer anderen angehören, die im selben <strong>Praxis</strong>feld eine<br />

tendenziell konkurrierende Stellung einnimmt. Das Verständnis von Pro-<br />

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