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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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institutionalisierten demokratischem Konflikt. Nolens volens werden so die<br />

gesellschaftlichen Bedingungen nationaler und weltweiter Art zu einem<br />

entscheidenden Angelpunkt der Legitimation von gesellschaftlichen <strong>Praxis</strong>formen<br />

und somit auch von <strong>Theologie</strong>. War im Mittelalter die Existenz<br />

von <strong>Theologie</strong> unzweifelhaft per se gerechtfertigt, so hängt in der Moderne<br />

ihre Legitimität und vielleicht gar ihre Existenz zunehmend von ihrer<br />

öffentlichen Relevanz ab. <strong>Theologie</strong> wird – wie die Politik oder die Juristerei<br />

– zunehmend als menschliche <strong>Praxis</strong> begriffen. Selbst wenn eine Theologin<br />

oder ein Theologe behaupten sollten, für ihre oder seine <strong>Theologie</strong><br />

träfe diese Kategorisierung nicht zu, so würde gerade auch diese Aussage<br />

wiederum als interessenbedingte menschliche <strong>Praxis</strong> aufgefasst werden.<br />

Kurz: Systematische <strong>Theologie</strong> heute wird ihre vorgängige gesellschaftliche<br />

Einbindung wissenschaftlich reflektieren müssen.<br />

Gesellschaftliche Beziehungen sind in der Moderne immer auch gekennzeichnet<br />

durch das Gegenüber von unterschiedlichen Gesellschaften.<br />

Der Nationalstaat definiert sich für seine Bevölkerungen im Gegenüber zu<br />

anderen Nationalstaaten. Kolonialismus und Mission konstruierten die<br />

Identitäten der Industrieländer im Gegenüber zu abhängigen Gesellschaften<br />

mit fremden Kulturen und leiteten die Globalisierung ein. Die Revolution<br />

der Kommunikations- und Verkehrsmittel im 20. Jahrhundert intensivierte<br />

diesen Prozess und lässt heute die Begegnung verschiedenster Kulturen<br />

und Religionen zu einer alltäglichen Erfahrung werden. In diesem<br />

Sinne wird Systematische <strong>Theologie</strong> heute ökumenisch offene <strong>Theologie</strong><br />

sein, insofern als die Ökumene seit jeher das Christentum in weltweiten<br />

und interkulturellen Relationen reflektiert und verantwortet.<br />

Will die <strong>Theologie</strong> ihren Anspruch aufrecht halten, etwas Besonderes<br />

und Bedeutsames zu sagen, so wird es für sie heute immer wichtiger, den<br />

ohnehin sich vollziehenden Paradigmenwechsel kontrolliert und begrenzt<br />

mit zu vollziehen und sich im ökumenischen Rahmen über die gesellschaftlichen<br />

Bedingungen ihrer eigenen Hervorbringung Rechenschaft<br />

abzulegen. Mit anderen Worten, ein erster Schritt wäre eine gesellschaftsbezogene<br />

und interkulturell kompetente <strong>Theologie</strong>- und Religionstheorie.<br />

Der Versuch, einige Grundlinien einer solchen Theorie ausgehend von<br />

Bourdieu zu skizzieren, muss sich im Rahmen der theologischen Diskussion<br />

angesichts des Paradigmenwechsels verorten. Deshalb folgen zunächst<br />

einige Beobachtungen zu residualem vor-modernen Vokabular und zu<br />

aktuellen theologischen Ansätzen in fundamentaltheologischer bzw. hermeneutischer<br />

Perspektive.<br />

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