02.12.2012 Aufrufe

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

nach oben“ sollte also nicht in Richtung auf „Anknüpfung“ ausgelegt<br />

werden. Dies beugt der Versuchung vor, eine Ontologie der Gnade zu<br />

konstruieren, wo vielmehr eine Sprachlehre christlicher <strong>Theologie</strong> weiterhelfen<br />

kann. Auch sollte die Pneumatologie nicht als Instrument einer<br />

heimlichen Anknüpfungstheologie verwendet werden.<br />

Kontextbewusste <strong>Theologie</strong> aus praxeologischer Perspektive ist keine<br />

Anknüpfungstheologie. Dadurch dass sie strikt hermeneutisch verfährt,<br />

schließt sie ontologische Missverständnisse aus. Und es ist meines Erachtens<br />

ein ontologisches Missverständnis (genauer: die ontologische<br />

Wendung der Abbildtheorie der Erkenntnis) zu meinen, dass der Erfahrung<br />

von Glauben eine natürliche, ontische Anlage des Menschen zugrunde<br />

liege, die ihn von Natur aus Gott im Sein entsprechend mache.<br />

<strong>Theologie</strong> ist gerade dadurch <strong>Theologie</strong> und redet im Glauben von Gott<br />

und nicht über den Glauben und Gott, (Barth: Jahrhundert 588) dass sie aus<br />

der im Glauben gemachten Erfahrung und dem Leben im Glauben keine<br />

allgemeinen ontologischen Rückschlüsse über die Wirklichkeit Gottes und<br />

der Welt ableitet. Mit praxeologischem Vokabular redet man vom Glauben,<br />

seinen Inhalten, seiner Wirkung auf die Person, seiner <strong>Praxis</strong> in der<br />

Gesellschaft usw. als einer historischen Wirklichkeit. Man geht davon aus<br />

– weil man ja theologisch im Glauben redet –, dass in dieser Wirklichkeit<br />

Gott sich offenbart. Dies heißt aber überhaupt nicht, dass die historische<br />

Wirklichkeit, etwa Kultur, deshalb schon auf Gott hin angelegt wäre.<br />

Vielmehr setzt man geradezu voraus, dass gelebter Glaube ausschließlich<br />

das Werk Gottes im Menschen ist. Die hermeneutische Perspektive bewahrt<br />

also die radikale Andersheit Gottes, während sie zugleich ermöglicht, im<br />

Glauben von der Erfahrung des Glaubens und mit dem Glauben als einer<br />

Erfahrung mit Gott zu reden. Dabei verliert sich die Rede vom Glauben<br />

auch nicht in einer Phänomenologie seiner Inhalte, denn sie hält den Akt<br />

des Glaubens inmitten der Inhalte fest. Der Akt des Glaubens unterbricht<br />

den Strom der Überzeugungen und Praktiken – seien diese nun kultureller<br />

Art oder seien es allgemein religiöse oder auch spezifisch christliche Glaubensinhalte<br />

und -praktiken. Insofern verstehe ich den Glauben als Akt<br />

homolog zur Entstehung des Glaubens aus der Offenbarung; denn Offenbarung<br />

verstehe ich, mit Eberhard Jüngel, als Unterbrechung. 174<br />

In kontextbewusster <strong>Theologie</strong> geht es nach praxeologischem Verständnis<br />

also überhaupt nicht darum aufzuzeigen, ob oder wo in Kulturen An-<br />

174 Vgl. dazu oben S. 180 und Jüngel: Wahrheitserfahrung 103 ff.<br />

219

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!