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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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misch. Die eigenen Wahrnehmungs-, Urteils- und Handlungsdispositionen<br />

der geltenden praktischen Logik anzupassen, ist – mindestens in langfristiger<br />

Perspektive – eine Überlebensfrage. Dies verweist auf die Bedeutung<br />

religiöser Nachfrage für die Themenfindung kontextbewusster <strong>Theologie</strong>.<br />

b. Religiöse Nachfrage und <strong>Theologie</strong><br />

Man kann religiöse Nachfrage als Quelle theologischer Themen betrachten.<br />

Dies läuft allerdings nicht auf eine inhaltliche Anpassung theologischen<br />

Denkens an die Interessen von Menschen hinaus, so dass die <strong>Theologie</strong><br />

dabei zu einer „Überhöhung“ ohnehin bestehender <strong>Praxis</strong> würde.<br />

Religiöse Nachfrage gehört zur praktischen Logik vieler Menschen. Max<br />

Weber beschreibt sie als Erlösungsbedürfnis. 178 Der Begriff der Nachfrage<br />

hat nur heuristische Funktion. Er sollte nicht so aufgefasst werden, als<br />

existiere Nachfrage unabhängig von bestehenden praktischen Logiken. Sie<br />

wird immer im Gebrauch der Logiken und mit deren Mitteln artikuliert.<br />

Aber die Suche nach der spezifischen religiösen Nachfrage einer gegebenen<br />

Position (Gruppe, Kirche etc.) kann dazu verhelfen, die für diese<br />

Position relevanten theologischen Themen zu finden. Krisen sind im<br />

heuristischen Sinne hilfreich. Hier spitzt sich die Nachfrage von Akteuren<br />

nach religiösem Sinn meist zu und wird leichter erkennbar. Zum Beispiel<br />

sei Folgendes noch einmal in Erinnerung gerufen: Die Mitglieder der<br />

armen Pfingstkirchen, die ich in Guatemala untersucht habe, sahen sich in<br />

einer vollkommen ausweglosen Lage angesichts des ökonomischen Verfalls<br />

und der militärischen Unterdrückung. Der Ausweg artikulierte sich<br />

religiös zunächst als Hoffnung auf die baldige Entrückung der Kirche aus<br />

diesen Bedrängnissen der Endzeit und, folglich, als der Rückzug aus den<br />

gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in eine abgeschlossene Gemeinde:<br />

eine eschatologisch entworfene Überlebensstrategie. Prämillenaristische<br />

178 „Nach außen, gegen die anderer Schichten gewendet, ergibt diese innere Lage noch<br />

einige charakteristische Gegensätze dessen, was Religionen in den verschiedenen sozialen<br />

Schichten ‚leisten‘ mußten. Jedes Erlösungsbedürfnis ist Ausdruck einer ‚Not‘, und soziale<br />

oder ökonomische Gedrücktheit ist daher zwar keineswegs die ausschließliche, aber<br />

naturgemäß eine sehr wirksame Quelle seiner Entstehung.“ (Weber: Wirtschaft 299) Diese<br />

Konzentration auf eine „Not“ scheint mir die religiöse Nachfrage nur dann weit genug<br />

aufzufassen, wenn „Not“ ganz allgemein einen Bedarf meint, der sich als Bedürfnis artikuliert.<br />

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