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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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man die Philosophie Martin Heideggers ansehen; als ein Beispiel für das<br />

theologische Pendant, der Annahme einer Einheit von Denken und Gott,<br />

mag die <strong>Theologie</strong> Walter Künneths gelten. Beide Arten zu denken laufen<br />

darauf hinaus, die eigene Position als voraussetzungslos zu etablieren und<br />

sie damit letztlich gegen Kritik und Dialog zu immunisieren. 12<br />

Exkurs: Zur Frage, ob voraussetzungsloses Denken möglich sei:<br />

Martin Heidegger und Walther Künneth<br />

In diesem Exkurs möchte ich die oben geäußerten Feststellungen einer Prüfung<br />

unterziehen. Martin Heidegger und Walter Künneth dienen dabei als Beispiele für<br />

Intellektuelle, deren Behauptung eines voraussetzungsfreien Denkens durch einen<br />

geschichtlichen Umschwung auf eine harte Probe gestellt wurde. Als Philosoph<br />

bzw. Theologe erlebten beide das Ende des Dritten Reiches als Krise der eigenen<br />

intellektuellen Positionen. Durchgehalten hat freilich die Behauptung der Freiheit<br />

des Denkens von äußeren Voraussetzungen. Ein Vergleich ihrer Positionen vor<br />

und nach 1945 ist höchst aufschlussreich im Blick auf die Voraussetzungen der<br />

Voraussetzungslosigkeit. In diesem Sinne zielt der Exkurs darauf, die Operationen<br />

zu verdeutlichen, mit der die Illusion intellektueller Voraussetzungsfreiheit erzeugt<br />

wird.<br />

In beiden Fällen stelle ich nicht eigene Forschungen vor, sondern referiere<br />

und kommentiere Studien über die genannten Autoren.<br />

In die Kontroverse um die Frage, ob Heidegger ein Nazi gewesen sei oder nicht,<br />

hat Pierre Bourdieu mit einer Studie eingegriffen, die den außer-wissenschaftlichen<br />

Einflüssen auf Heideggers philosophische Theoriebildung nachgeht. 13 Heidegger<br />

selbst macht sich gerade dafür stark, dass Philosophie erst beginnt mit dem<br />

„Schritt-zurück“ der Trennung, der Epoché des Denkens von der alltagsweltlichen<br />

und philosophischen Doxa, dem Meinen des Alltagsverstandes und einer seins-<br />

12 Nicht einmal im Gegenüber zu anderen Positionen desselben Feldes, sei es Philosophie<br />

oder <strong>Theologie</strong>, erfolgt eine wirkliche Relativierung. Denn solange man das<br />

Denken als Kombinatorik von Zeichen versteht, ohne seinen gesellschaftlichen Gebrauch<br />

als konstitutive Bedingung zu berücksichtigen, ereignet sich kaum mehr als ein bloßes<br />

Gegenüber von Positionen. Kontroverstheologische Begriffskombinatorik ist ein Beispiel<br />

dafür. Auch ist die Frage, ob nicht sogar neuere theologische Entwürfe wie etwa Dalferth:<br />

<strong>Theologie</strong>, Lindbeck: Lehre, Kaufmann: Mystery, oder auch Tracy: Gespräch, in der Wahrnehmung<br />

des gesellschaftlichen Gebrauchs der Zeichen zu kurz greifen.<br />

13 Bourdieu: Heidegger. Vgl. zur Heidegger-Kontroverse Altwegg: Heidegger, und zu<br />

Konsequenzen daraus den Aufsatz von Maaser: Ethik. Vgl. auch Leaman: Heidegger. Die<br />

Frage nach den außer-philosophischen Einflüssen auf die Philosophie unterscheidet sich<br />

kaum von der nach außer-theologischen Einflüssen auf die <strong>Theologie</strong>.<br />

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