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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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den hingegen ist ein expliziter Akt, mit dem ein Akteur Kommunikation<br />

dirigieren kann. Die Unterscheidungen sind Bedingungen von Kommunikation;<br />

Unterschiede machen ist ein kommunikativer Akt. Theologisches<br />

Selbst- und Fremdverstehen, als Prozess im Dialog, sollte beide Aspekte<br />

nicht aus dem Auge lassen, sondern vielmehr versuchen, implizit strukturierende<br />

Unterscheidungen herauszuarbeiten und für die Arbeit an explizit<br />

gesetzten Unterschieden zu nutzen. Da aber niemand seine eigenen impliziten<br />

Unterscheidungen erkennen kann (es sei denn ausgehend von<br />

einer anderen impliziten Unterscheidung) kommt dem Dialog mit Fremden,<br />

die auf anderen Unterscheidungen aufbauen (und deshalb andere<br />

Unterschiede setzen) eine besondere Bedeutung für theologisches Selbst-<br />

Verstehen und theologische Produktion zu. Im Dialog kann man also<br />

etwas Neues über sich selbst erfahren. Das ist Unterbrechung, und zwar<br />

meist „heilsame Unterbrechung“ (Jüngel). Allerdings möchte man oftmals<br />

gar nichts Neues über sich selbst hören, denn es beunruhigt und kann<br />

gespurte Strategien behindern. Deshalb ist diese aufklärende Funktion des<br />

Dialogs dem Dialog selbst nicht immer förderlich.<br />

Anders verhält es sich mit der stillschweigenden Übertragung von<br />

Schemata und der Wirkung von Metaphern. Beides beugt sich nicht dem<br />

Gebot der Logik, die Sphären nicht zu verwechseln oder die Auswahlkriterien<br />

für die auf einem jeden Feld verwendeten klassifizierenden Kategorien<br />

zu nennen. In Dialogsituationen können auf diese Weise Metaphern<br />

verbindend wirken zwischen zwei Positionen, obgleich sie von allen Beteiligten<br />

unterschiedlich verstanden werden. Auf diese Weise verbindet<br />

etwa die Metapher „Einheit der Kirche“ schon lange Zeit die ökumenische<br />

Diskussion, zuweilen noch begleitet von „Einheit der Menschheit“. 159<br />

Wichtig dabei ist, dass die jeweilige Metapher oder das Schema eine Zone<br />

der „Überlappung“, einen kleinen Bereich von Homologie zwischen den<br />

unterschiedlichen Netzen kognitiver Dispositionen der Beteiligten erzeugt.<br />

Dieser Bereich kann als Übereinstimmung aufgegriffen und ausgebaut<br />

werden. Im Dienste einer praktischen Schlüssigkeit der gewählten Metapher<br />

im (emergenten) Feld des Dialogs nimmt man die Bedeutungsunterschiede<br />

in den verschiedenen Positionen zunächst einmal in Kauf; man<br />

arbeitet also mit einer praktischen Unbestimmtheit. Dies geschieht mehr<br />

oder weniger bewusst mit dem Ziel, die Dialogsituation selbst als gelingende<br />

und eventuell vielversprechende <strong>Praxis</strong>form zu erweisen und ausbauen<br />

159 Zur Geschichte dieser Kombination vgl. Rüppell: Einheit.<br />

189

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