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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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3. Methoden kontextueller Beschreibung: Robert Schreiter<br />

In dem Maße, wie Theologen die Relevanz unterschiedlichster religiöser<br />

<strong>Praxis</strong>formen für die Hervorbringung von <strong>Theologie</strong> realisieren, weitet<br />

sich der Gegenstandsbereich von <strong>Theologie</strong> aus. Man berücksichtigt<br />

etwa „<strong>Theologie</strong>n des Volkes“, welche die Traditionsströme bilden, aus<br />

denen die Entwürfe der Theologen entstehen. 54 Man beachtet auch mündliche<br />

Äußerungen 55 , „Basisliteratur“ 56 und Rituale 57 als forschungs- und<br />

dialogrelevant. Entscheidend ist: die kulturellen Bedingungen der Hervorbringung<br />

von <strong>Theologie</strong> generell gelten als sinnstiftende Relationen. Kontextuelle<br />

<strong>Theologie</strong>n versuchen folglich, die impliziten Axiome eigenen<br />

und fremden Denkens für die Konstruktion eigener und die Rekonstruktion<br />

fremder theologischer <strong>Praxis</strong> zu berücksichtigen. In der westlich-wissenschaftlichen<br />

<strong>Theologie</strong> werden damit kultur- und sozialwissenschaftliche<br />

Methoden relevant. Aber Theologen werden auch daran erinnert, dass<br />

die Hervorbringung von <strong>Theologie</strong> in der Frömmigkeitspraxis, im Leben<br />

der Gemeinden, im Alltag der Christen, in kulturellen Traditionen und<br />

Gewohnheiten und dergleichen mehr wurzelt. Westliche Wissenschaft<br />

stellt eine große Zahl von Methoden und Theorien zur Erfassung dieses<br />

wirkmächtigen Hintergrundes theologischer Produktion. Robert Schreiter<br />

hat wichtige kulturanalytische Ansätze auf kontextuelle <strong>Theologie</strong> bezogen.<br />

54 Dies ist die umgekehrte, aber darin durchaus gültige Folgerung aus der folgenden<br />

religionswissenschaftlichen Erkenntnis. Bei der Untersuchung fremder religiöser <strong>Praxis</strong><br />

sollte man sich über Folgendes klar sein: „Deutungsmonopole und Deutungsinteressen<br />

binden auch die Tätigkeiten jener religiösen Spezialisten an einen, ihren historischen<br />

Kontext, sie liegen auf der gleichen Objektebene wie etwa die Logik einer Ritualsequenz.<br />

Anders ausgedrückt: Auch die jeweiligen <strong>Theologie</strong>n sind ‚Eingeborenen-Modelle‘ im<br />

Sinne der ethnologischen Forschung und Teil des zu erforschenden Symbolsystems.“<br />

(Gladigow: Religionswissenschaft 36) Dies gilt selbstverständlich nicht nur für fremde sondern<br />

auch für eigene <strong>Theologie</strong>.<br />

55 Vgl. etwa Löschke: Religion, der mit den Mitteln der Oral History über die Basisgemeinden<br />

in Nicaragua gearbeitet hat. Vgl. auch Schäfer: Protestantismus. Zur theologischen<br />

Produktion aus dieser Perspektive vgl. Amirtham/Pobee: People.<br />

56 Vgl. Brandt: Basisliteratur, über brasilianische Basisgemeinden, Brandt: Straße, über<br />

religiöse Aufschriften auf brasilianischen Lastwagen, und Brandt: Gegenwart. Kliewer:<br />

Pfingstler, hat u.a. auf diese Literaturgattung zur Untersuchung brasilianischer Pfingstler<br />

zurückgegriffen.<br />

57 Vgl. etwa Binyon: Demon, zur Dämonenaustreibung, Hollenweger: Situation, Hollenweger:<br />

Christentum, und Poloma: Movement, zu verschiedenen Aspekten. Ähnliches bestätigen<br />

auch meine eigenen (bisher unveröffentlichten) Studien zum Gottesdienst und anderen<br />

rituellen Praktiken bei pfingstlichen und neopfingstlichen Kirchen in Guatemala im<br />

Rahmen meiner Feldforschung.<br />

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