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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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vermöchte“ 134 . Entscheidend dafür, verschiedene <strong>Praxis</strong>felder miteinander<br />

zu verbinden, ist das Verhältnis der Zeichen zum Kontext. Der Satz „Dem<br />

König ist zu gehorchen“ etwa ist in den protokollarischen Regeln für<br />

höfische Lakaien in einer Monarchie kein metaphorischer Ausdruck; kann<br />

aber nur als solcher verstanden werden, wenn er sich in einer Glosse auf<br />

den Regierungschef eines demokratischen Staates bezieht. Oder die orthodoxe<br />

Metapher der „theosis des Menschen“ (Irenäus) ist ohne die dazugehörige<br />

religiöse <strong>Praxis</strong> aus der Perspektive anderer christlicher Positionen<br />

nichts oder allenfalls ein Ärgernis; im Dialog zwischen orthodoxem<br />

lutherischem Christentum aber erweist sich eine weitgehende Homologie<br />

zwischen den Metaphern der theosis und der Rechtfertigung.<br />

Für die verstehende Arbeit der <strong>Theologie</strong> kann man die Struktur des<br />

Symbols sehr gut als Konnotationssystem operationalisieren. Roland Barthes 135<br />

greift – Luis Hjemslevs Konnotationssemiotik abwandelnd – die Struktur<br />

des Zeichens als Grundelement für die Konstruktion des Konnotationssystems<br />

auf. Dessen heuristischer Wert liegt in der Darstellung der Überlagerung<br />

der ersten Bedeutung eines Zeichens mit einer zweiten (dritten<br />

oder n-ten) Bedeutung, die durch den Kontext bestimmt ist. Das Konnotationssystem<br />

entspricht also formal der Struktur des Symbols: ein mit<br />

weiteren Bedeutungen belegtes Zeichen. Die Konnotationen stellen sich<br />

durch kontextuelle Bedingungen ein und bringen so die praktischen Relationen<br />

der Verwender bestimmter Zeichen als sinnrelevante Faktoren mit<br />

ins Spiel. Dabei bleibt das Zeichen als solches erhalten. Die weiteren<br />

Bedeutungen kommen zustande durch die implizite Äquivalenz des Zeichens<br />

zu anderen Zeichen, Praktiken, Erwartungen oder Feldkonjunkturen.<br />

Und diese implizite Äquivalenz ist wiederum nur von bestimmten<br />

gesellschaftlichen Positionen und <strong>Praxis</strong>feldern und den ihnen entsprechenden<br />

Habitus her wahrnehmbar; eben nur dann, wenn man einen praktischen<br />

Sinn dafür hat. Auf diese Weise können bestimmte Zeichen in<br />

gesellschaftlich bedingten Transformationsprozessen von religiösen Symbolsystemen<br />

als praktische Operatoren wirken. Sie können sowohl etwaige<br />

Widersprüche dämpfen oder auch Umwandlungen ermöglichen und beschleunigen,<br />

wie etwa das Konstrukt der „Restauration“ der Kirche und<br />

(konnotativ:) das der Nation in der Eschatologie neopfingstlicher Kirchen.<br />

134 Ricoeur: Metapher 48; vgl. auch Jüngel: Wahrheit 146 f.<br />

135 Barthes: Semiologie 75 ff., und Barthes: Mythen 85 ff., bes. 93; man muss dort nur die<br />

Darstellung auf den Kopf stellen.<br />

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