02.12.2012 Aufrufe

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

gien zwischen den Netzen der Dispositionen) und Differenzen zwischen<br />

den Akteuren auszumachen und deren Zusammenhang zu den jeweiligen<br />

zentralen Überzeugungen (den zentralen Schemata der Dispositionsnetze)<br />

zu thematisieren. Außerdem lassen sich die Übereinstimmungen über<br />

dritte Themen nutzen, um sachbezogene Kooperation aufzubauen; diese<br />

wiederum führt in weitere Erfahrungen von Übereinstimmungen und<br />

Differenzen hinein. Insbesondere können in der Kooperation über dritte<br />

Themen Erfahrungen mit der transversalen Geltung bestimmter Wahrheitskriterien<br />

gemacht werden. Diese Erfahrung muss nicht in ein einheitliches<br />

materiales Kriterium einmünden, erweitert aber zumindest das Feld<br />

möglicher künftiger Kooperation und weitergehender Erfahrungen. Mehr<br />

kann man freilich kaum erwarten, denn Dialog ist und bleibt unabgeschlossen.<br />

Aber überhaupt Dialog und begrenzte Kooperation zu erreichen, ist<br />

schon viel. Dass dies Menschen gering vorkommt, deren Denken sich an<br />

Postulaten wie der abstrakten Universalität der Vernunft und ihrem Bezug<br />

auf die Totalität und die Einheit des Ganzen und des Wahren orientiert, ist<br />

ein Problem dieser Zeitgenossen, nicht aber des Sachverhalts. Abstrakt<br />

konstruierte Einheit ist keine Einheit, sondern entweder ein Gespenst (wie<br />

die ecclesia platonica, die Luther kritisiert) oder ein totalitäres System. Umgekehrt<br />

kann man aber sagen, dass Dialog und Kooperation auf eine praktische<br />

Universalität verweisen und darauf auch hinauslaufen können. 113<br />

Diese besteht zunächst einfach darin, dass alle Menschen in ihren verschiedenen<br />

Lebensweisen und Kontexten einfach Menschen sind und es<br />

damit verdienen, sich gegenseitig als Menschen zu behandeln. Sodann<br />

besteht sie darin, dass Menschen lebende Wesen sind wie andere Wesen<br />

auch, und dass es die lebendigen Kreaturen deshalb verdienen, vom Menschen<br />

als Mit-Lebewesen behandelt zu werden. Auf diese beiden Orientierungspunkte<br />

praktischer Universalität verweisen die meisten Religionen, 114<br />

113 Ganz ähnlich entwickelt Franz Hinkelammert in einer Auseinandersetzung mit der<br />

Diskursethik den Ansatz einer Universalität, die einfach im konkreten menschlichen Leben<br />

(nicht einem abstrakten Lebensbegriff) gründet. Vgl. die kurzen Bemerkungen im Anschluss<br />

an den frühen Marx in Hinkelammert: Diskursethik 139, oder auch den Hinweis auf den<br />

„universalen Humanismus“ in Hinkelammert: Fuerzas 313.<br />

114 Wahrscheinlich sogar alle, wenn es sich nicht um artifizielle erzeugte Gefolgschaften<br />

mit einem definierten politischen Interesse handelt wie etwa Ron Hubbards Scientology<br />

Church, Sun Myung Moons Unification Church etc., sondern um historisch gewachsene<br />

Religionen menschlicher Gemeinschaften, in denen die Reproduktion des (menschlichen)<br />

356

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!