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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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festationen erlaube das „innere Wesen“ des Heiligen zu erschließen. Das<br />

heißt, nach Heiler, für die Methode: „Wir umkreisen unseren Gegenstand<br />

und besehen ihn von allen Seiten. Dann erst bohren wir hinein und suchen<br />

sein Innerstes bloßzulegen.“ 32 Phänomenologische Autoren beschreiben<br />

ihre Gegenstände oft kenntnisreich und detailgenau. Freilich wäre es eine<br />

interessante wissenschaftskritische Aufgabe zu untersuchen, nach welchen<br />

Wahrnehmungskategorien die Untersuchungen durchgeführt wurden und<br />

welche Phänomene des jeweiligen Gegenstandsbereichs deshalb nicht<br />

bemerkt wurden und also auch nicht detailgenau beschrieben werden<br />

konnten.<br />

Gewiss, ohne die allgemeine Idee geht es auch in der Phänomenologie<br />

nicht. Es ist wichtig hervorzuheben, dass die hier zitierten Autoren das<br />

„geistige Band“ zwischen den beschriebenen „Teilen“ aus dem platonischen<br />

Postulat einer allgemeinen und realen (!) Idee beziehen, die den<br />

Erscheinungen vermeintlich zugrunde liegt. Das führt bei eher objektivistischen<br />

Untersuchungen wie der Heilers über den Katholizismus lediglich<br />

dazu, dass das „Wesen“ des Katholizismus als objektives System von<br />

„Gegensatzpaaren“ 33 dargelegt wird, um dann das katholische Ideal (das<br />

„Wesen“ also) der römischen Wirklichkeit gegenüberzustellen. Dabei<br />

kommt dem Autor freilich die complexio oppositorum bleibend „rätselhaft“<br />

vor. (Heiler: Katholizismus 621) Das ist kein Wunder bei einer Wesenswissenschaft,<br />

die diese Gegensätze nicht in deren praktischem Gebrauch<br />

sieht und somit die praktische Logik partieller Unbestimmtheit 34 nicht zu<br />

fassen in der Lage ist.<br />

Wissenschaftsgeschichtlich kann man die phänomenologische Verbindung<br />

von Idee und Erscheinung so verstehen, dass sie gegen die rationalistische<br />

Abstraktion der „Idee“, diese wieder an die Erscheinung, oder<br />

enger: an konkrete Gegenstände, gebunden hat. Diese Stoßrichtung ist<br />

etwa in der heilerschen Behandlung des Katholizismus erkennbar an der<br />

Stellung der „rationalen <strong>Theologie</strong>“ erst nach der Behandlung der Volks-<br />

32 Heiler: Katholizismus XXIV; Vorwort der Ausgabe von 1923.<br />

33 Heiler: Katholizismus 596, ... was klassisch-strukturalistische Leser nur deshalb befremden<br />

dürfte, dass das Ergebnis ohne strukturalistische Methodik zustandegekommen ist. Es<br />

sei hier auch auf eine besondere methodische Vorsicht Heilers im Umgang mit der „typisierenden<br />

Gliederung“ (12) hingewiesen, die er keineswegs für die Struktur der Sache selbst<br />

hält.<br />

34 Man vergegenwärtige sich etwa die „jesuitische“ Rechtfertigung der pia fraus. Zur Logik<br />

partieller praktischer Unbestimmtheit vgl. oben, II.D.2.b.<br />

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