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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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ingen, und so weiter während fünfzehn Tagen. Sie haben uns ausgehalten,<br />

Gott sei Dank. Wie ich zu ihnen immer sage: Wir haben nicht einmal,<br />

womit wir es vergelten könnten, denn das ist wirklich eine Sache, für die<br />

man dankbar sein muss; denn wer sind wir, dass sie das für uns getan<br />

haben?“ (Interview 76, ein pfingstlicher Slumbewohner) Der (in strengem<br />

Sinne) systematisch theologische Widerspruch zwischen strikter apokalyptischer<br />

Endzeitlogik und partieller Erfahrung von Verbesserungen der Lage<br />

sowie von Solidarität kommt in der praktischen Logik nicht zur Geltung.<br />

Wenn nötig, wird die Endzeitthematik einfach ausgeblendet und ein anderes<br />

Deutungsschema mobilisiert. Auch im Zusammenhang wissenschaftlicher<br />

<strong>Theologie</strong> sind Entwicklungen von Systemen sogar systemintern zu<br />

beobachten. Lässt sich etwa eine strikte formal logische Übereinstimmung<br />

zwischen der religionstheologischen Lichterlehre Karl Barths und der<br />

harschen Religionskritik der früheren Jahre während des Dritten Reiches<br />

konstatieren? Viel eher wird man auf veränderte Bedingungen und einen<br />

Wandel in Barths Denken verweisen. Praktische Kohärenz ist auch in der<br />

kulturwissenschaftlichen Arbeit etwas anderes als logische.<br />

2. Analogien: Es mag der Bedeutung der metaphorischen Rede für die<br />

<strong>Theologie</strong> entsprechen, dass man Theologen gemeinhin eine gewisse<br />

Freude an der Analogie anmerkt. Insbesondere in Vergleichen regt die<br />

Analogie dazu an, Gemeinsamkeiten zu konstatieren. Dabei mag man ins<br />

Schwarze treffen – oder auch nicht. Die Beschreibung von Religion als<br />

praktischer Logik braucht jedenfalls etwas genauere Hilfsmittel als die<br />

einfache Analogie.<br />

Die praktische Logik ist in der Lage, eine große Zahl verschiedener<br />

Schemata aufzubringen, um Anforderungen der <strong>Praxis</strong> kognitiv, affektiv<br />

und leiblich zu bewältigen. Diese Schemata müssen keineswegs in einem<br />

strengen logischen Sinne mit dem zentralen System der Überzeugungen<br />

übereinstimmen, damit die Praktiken laufen und die zentralen Gewissheiten<br />

intakt bleiben. Einzelne Elemente können durchaus zueinander im<br />

Widerspruch stehen (was bei einer nicht-praxeologischen Betrachtung oft<br />

dazu führt, von „Dialektik“ der religiösen oder theologischen Sprache zu<br />

reden und es dabei bewenden zu lassen). Doch praktische Schemata sind<br />

eingebunden in ein weiteres Bezugssystem, welches die Widersprüche<br />

„aufhebt“ (um in der dialektischen Diktion zu bleiben), indem es die<br />

Mehrdeutigkeit der Begriffe und die Wirkung ihrer Stellung (ihres strukturalen<br />

Wertes) für die Bedeutung der Begriffe nutzt. Ein und dasselbe<br />

festgefügte theologische Bauelement (zum Beispiel die Lehre der doppelten<br />

Prädestination, die Erfüllung mit dem Heiligen Geist etc.) kann somit<br />

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