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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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können, muss man entweder ein solches Gespür für die Dynamiken der<br />

Macht haben; oder man muss sich entsprechende Kenntnisse erarbeiten<br />

und die eigene <strong>Praxis</strong> selbstkritisch reflektieren.<br />

Die Machtfrage ist auch für die Produktion von <strong>Theologie</strong> generell<br />

interessant. Denn Macht bzw. Allmacht Gottes ist eine zentrale Grundannahme<br />

von <strong>Theologie</strong> und Glaube überhaupt. Diese Annahme ist keineswegs<br />

spekulativ, sondern höchst inter-essiert. Die Machtfrage wird nur<br />

gestellt, wenn es um etwas geht, wenn etwas auf dem Spiel steht. Im Mittelalter<br />

diente die kirchliche Identifikation mit der Allmacht Gottes etwa<br />

dazu, dem Kaiser die Macht streitig zu machen. Oder, anders herum, eine<br />

verarmte Bauersfrau im guatemaltekischen Hochland weiß keinen Ausweg<br />

mehr aus der prekären Lage ihrer Familie: keine Möglichkeit zum landwirtschaftlichen<br />

Anbau wegen des Guerillakrieges, kein Einkommen, die<br />

Kinder in Lumpen und der Mann versäuft die letzten Groschen. In ihrer<br />

Verzweiflung und Ohnmacht „legt sie alles in Gottes Hand“. Sie delegiert<br />

die Macht an Gott und identifiziert sich so mittelbar mit Gottes Allmacht.<br />

Diese Delegation hat nicht unmittelbar zur Folge, dass „Gott handelt“.<br />

Aber vielleicht geht es zunächst auch um etwas ganz Anderes: die Erhaltung<br />

von Würde und Selbstachtung, die Erzeugung eines kontemplativen<br />

Blicks auf die Welt, der nicht vollkommen absorbiert ist von den drängenden<br />

Nöten des Alltags und gerade so erlaubt, bis dato nicht sichtbare<br />

Handlungsalternativen zu sehen – eine praktische Form von Gnade, wenn<br />

man so will.<br />

In der Produktion von <strong>Theologie</strong> ist die theologisch-thematische Zuschreibung<br />

von Macht demnach recht belangvoll. Nehmen wir an, der theologische<br />

Diskurs entsteht im Kontext eklatanter gesellschaftlicher Ungleichheit.<br />

Dann ist es etwas ganz Anderes, Macht an den Heiligen Geist in seinem<br />

Kampf gegen das Wirken von Dämonen zu delegieren als dem auferstandenen<br />

Jesus von Nazareth, dem Freund der Armen, Macht zuzuschreiben.<br />

Die Optionen laufen auf vollkommen unterschiedliche Wahrnehmungen,<br />

Urteile und Handlungsentwürfe hinaus.<br />

Der theologische Diskurs reguliert – zunächst im religiösen Feld und<br />

dann vermittelt auch in anderen <strong>Praxis</strong>feldern – Prozesse der Delegation<br />

und somit die praktische Hervorbringung von Macht. Das sollte in der<br />

theologischen Reflexion nicht allzu sehr nur von impliziten Axiomen gesteuert<br />

werden.<br />

Im Blick auf ökumenische <strong>Theologie</strong> und Dialog sei hier hervorgehoben,<br />

dass der Besitz von Gütern und Wissen sowie deren Einsatz als<br />

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