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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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kritischen (Hervorh. HS) Wirklichkeitsbezug auf den Weg bringt, der auch<br />

teilweise eine ‚schmerzhafte‘ Revision der Deutungsmuster desjenigen<br />

betrifft, der sie vertritt.“ (Maaser: Identität 295) Welker (Axiome 34) verweist<br />

im Zusammenhang der Diskussion um implizite Axiome in diesem Sinne<br />

auf das Diktum, dass dialektische <strong>Theologie</strong> „immer von vorne“ anfangen<br />

müsse. Dies aber heißt nichts anderes, als die Kontextabhängigkeit jeder<br />

theologischen Produktion anzuerkennen und daraus methodische und<br />

theoretische Konsequenzen zu ziehen – wie zum Beispiel genauer über<br />

implizite Axiome nachzudenken.<br />

Es legt sich auch unmittelbar eine praktische Konsequenz für den<br />

ökumenischen Dialog nahe. Artikuliert jemand einen Letzbegründungsanspruch,<br />

so braucht man dies nicht gleich als Angriff auf die eigene Position<br />

aufzufassen. Der Anspruch erscheint zunächst als Resultat einer bestimmten<br />

Lage dieses Gesprächspartners. Auf diese Weise kann zunächst – trotz<br />

Absolutheitsanspruchs der einen Seite – überhaupt ein Feld für den Dialog<br />

eröffnet werden. In diesem Dialog kann man dann selbst unter Umständen<br />

die relative Geltung besagten Anspruchs erkennen; und beide Gesprächspartner<br />

können idealiter vielleicht auch wahrnehmen, dass der Anspruch<br />

gerade darin seine Geltung hat, dass er relativ ist.<br />

4. Praxeologische Offenheit<br />

Praxeologische Offenheit verweigert sich einer Logik des geschlossenen<br />

Systems. Es reicht nicht, das wissenschaftliche – also auch das theologische<br />

– Denken als in sich selbst und seiner Logik begründet zu sehen. Dies<br />

hieße nur, es „unter der Form des Objekts oder der Anschauung“ zu<br />

erfassen. Es kommt vielmehr darauf an, es als „sinnlich menschliche<br />

Tätigkeit, <strong>Praxis</strong>“ (Marx: Feuerbach 5) zu begreifen.<br />

Für theologische Wissenschaft folgt daraus: Anstatt logische Kriterien<br />

von Widerspruchsfreiheit und Kohärenz zu hoch zu bewerten, empfiehlt<br />

es sich eher, mit der sinnproduzierenden Offenheit der Sprache unter<br />

Bezug auf die <strong>Praxis</strong> des Lebens und des Glaubens arbeiten zu lernen. Das<br />

heißt, <strong>Theologie</strong> sollte die Begriffe der Theorie nicht „‚leerlaufen‘, sondern<br />

in empirischen Analysen funktionieren ... lassen“ (Bourdieu: Bezugspunkte<br />

57 f.) und im Gespräch über den Glauben und das Leben bewähren. Es<br />

heißt freilich nicht, dass die Begriffe und Modelle selbst vage oder verschwommen<br />

sein müßten, im Gegenteil: Eine möglichst große Klarheit<br />

und Definiertheit ist gerade bei ihrer Weiterentwicklung von Nutzen. Aber<br />

es kommt eben auf die weiterführende Arbeit mit ihnen an und damit auch<br />

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