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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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ar. Religiöse Sprache, und so auch das Bekennen und die <strong>Theologie</strong>,<br />

können nicht anders von Gott reden als in Metaphern. Diese entfalten sich<br />

nur auf der Grundlage von Erfahrung und zwar als Unterbrechung und<br />

Erweiterung der Erfahrung. In diesem Sinne können sie etwas zur Sprache<br />

bringen, was Menschen als Transzendenzerfahrung erfahren. 106 Metaphern<br />

erlauben es, wie Eberhard Jüngel (Wahrheit 156) sagt, „Erfahrung mit der<br />

Erfahrung“ zu machen. Dementsprechend kann man es als Reichtum<br />

erfahrungsbezogener religiöser Sprache verstehen, wenn Aussagen über<br />

unterschiedliche Transzendenzerfahrungen existieren. Und wenn eine<br />

Tendenz dazu besteht, „dass kontemplative Erfahrungen eher mit impersonalen<br />

Vorstellungen, Gebetserfahrungen hingegen eher mit personalen<br />

Vorstellungen verknüpft sind“ (Schmidt-Leukel: Religionstheologie 267), dann<br />

verweist das wiederum auf die Erfahrungskontexte der kontemplativen<br />

Erfahrung und der Gebetserfahrung. Denn der Sinn von Transzendenzerfahrungen<br />

ergibt sich nicht aus ihnen selbst, sondern aus ihren Bezügen<br />

in ihrem weiteren gesellschaftlichen und kulturellen Kontext. Metaphern<br />

sind nicht beliebig, sondern an <strong>Praxis</strong>felder gebunden, die wiederum in<br />

Kulturen eingelassen sind. Wenn man religiöse <strong>Praxis</strong> (Aussagen über Gott<br />

genauso wie etwa Meditationshaltungen oder Barmherzigkeit) als metaphorische<br />

Aussagen über die Transzendenz versteht, kann man die „Früchte<br />

des Glaubens“ als Brückenelemente für den Dialog besser nutzen. Und<br />

zugleich kann man starke Bekenntnisaussagen als das nehmen, was sie<br />

sind: starke Aussagen der Akteure über sich selbst in ihrer religiösen und<br />

(implizit auch) gesellschaftlichen <strong>Praxis</strong> – aber nicht Aussagen über Gott.<br />

In diesem Sinne ist das solus Christus eine starke identitätsbildende<br />

Aussage. Sie birgt alle Gefahren und Chancen solcher Aussagen. In der<br />

ekklesiologischen Wendung, die diese Bekenntnisaussage – nicht zuletzt<br />

durch die Domestizierung des Heiligen Geistes im filioque – erfahren hat,<br />

ist „Christus“ zum Synonym für Kirche geworden. Das kommt der Behauptung<br />

von Ausschließlichkeit und Absolutheit einer bestimmten (institutionell<br />

definierten) Glaubenspraxis gleich. Deswegen verdampft auch<br />

die staunende Feststellung der Besonderheit des Weges Jesu zu einer<br />

schalen ontologischen Seinsaussage über die Kirche, wenn man sie in eine<br />

Aussage über die Einmaligkeit der Kirche verwandelt. Das Bekenntnis<br />

„solus Christus“ wird damit vor allem anderen zu einer Strategie kirch-<br />

106 Es handelt sich hier um eine Erfahrung mit einer Erfahrung: Menschen erfahren<br />

etwas Außeralltägliches und, indem sie es religiös deuten, erfahren sie das Widerfahrnis als<br />

Berührung mit der Transzendenz.<br />

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