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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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ationale Metaphysik gestanden hatte. „Die Religion geht nicht zu Lehen,<br />

weder beim Telos noch beim Ethos“, stellt Otto (Heilige 165) fest. Aber<br />

(während man über die Bedingungen der subjektiven Wahrnehmung<br />

nachzudenken hätte) postuliert er lediglich, dass die Wurzeln des Irrationalen<br />

der Religion in den „verborgenen Tiefen des Geistes selber“<br />

(ebd.) lägen. Jede subjektivistische Hermetik tendiert per definitionem dazu,<br />

sich der Kritik zu verschließen und durch die Behauptung eines sozusagen<br />

inneren extra nos den aus dem Munde von Mit-Gläubigen kommenden<br />

kritischen, zum Beispiel von „Sozial-gefühlen“ motivierten, Widerspruch<br />

auszuschalten. 40 Aber ihr entscheidendes Problem ist erkenntnistheoretisch:<br />

die Verkennung der Funktion der Sprache und die Annahme einer<br />

Welt hinter der Welt als eines objektiven Faktums.<br />

Wayne Proudfoot setzt sich mit Rudolf Ottos Ansatz beim Gefühl eingehend<br />

auseinander und stellt auf dem Hintergrund seines eigenen, neowittgensteinschen<br />

Ansatzes überzeugend heraus: Ottos Phänomenologie des<br />

Gefühls ist selbst kein sprachlicher Ausdruck einer unabhängig von der<br />

Modellsprache Ottos an sich existierenden und in dieser Modellsprache<br />

adäquat abgebildeten Gefühlswelt, die ihrerseits wieder Ausdruck des<br />

Heiligen wäre. Genauso wenig sind die religiösen Gefühle der von Otto<br />

beschriebenen Akteure (zum Beispiel der von „Edel-spuk“ geängstigten<br />

Inder, mittelalterlichen Deutschen oder Hebräer) 41 schon religiöse Gefühle,<br />

bevor nicht gesellschaftlich generierte kognitive Dispositionen der<br />

Akteure die affektive Erregung ausgehend von Kontextvariablen und<br />

Körperzuständen religiös interpretiert hätten. Vor allem aber gibt es keinen<br />

Grund zu behaupten, dass das Heilige sich gerade im Unaussprechlichen<br />

offenbare. So etwas sollte besonders dann nicht angenommen werden,<br />

wenn auch ohne diese Annahme plausibel erklärt werden kann, wie es zur<br />

Aussonderung von heiligen Bereichen oder Tabu-Zonen kommt: 42 nämlich<br />

dadurch, dass die von der Erfahrung vorgegebenen Klassifikationssysteme<br />

nicht hinreichen, um neue oder ungewöhnliche, als Krisen der Wahrnehmungsschemata<br />

selbst erlebte Gegenstände von Erfahrung zu klassifizieren;<br />

und wenn darüber hinaus gezeigt werden kann, dass die Etablierung<br />

eines dauerhaften Verbots der Namensgebung und also der Klassifizierung<br />

eines bestimmten Gegenstandes (zum Beispiel YHWH in der<br />

40 Zu Ottos Selbstimmunisierung vgl Proudfoot: Experience v.a. 363 f.<br />

41 Vgl. Otto: Heilige 156.<br />

42 Vgl. Proudfoot: Experience 359 ff., u.a. mit Bezug auf die Analysen von Mary Douglas<br />

über das deuteronomische Gesetz in Douglas: Purity.<br />

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