02.12.2012 Aufrufe

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

kontingenten Beziehungen, ein Gewebe, das sich rückwärts in die Vergangenheit<br />

und vorwärts in die Zukunft erstreckt...“ (Rorty: Kontingenz 80, 83)<br />

und dessen Muster in diesem Leben nicht vollendet wird, sondern allenfalls<br />

beendet mit dem Tod der Individuen und/oder dem Verschwinden<br />

der Kollektive. Für religiöse Identität gilt das Gesagte auch; nur dass sie<br />

sich schwerpunktmäßig über die Relationen im religiösen Feld herausbildet.<br />

Kontextbezogene <strong>Theologie</strong> kann über das Modell des Netzes auf<br />

diese Weise religiöse und kulturelle Identität miteinander vermitteln, ohne<br />

sie miteinander zu vermischen oder zu verwechseln. Und sie kann die<br />

Besonderheiten bestimmter Kirchen als geschichtlich herausgebildete<br />

Identität begreifen. Die verschiedenen Formen Kirche zu sein, wären so<br />

als berechtigt und sinnvoll anerkannt. Aber das jeweilige So-Sein wäre<br />

nicht verstanden als notwendige Manifestation irgendeines „Wesens“.<br />

Unterschiede wären also nicht zwingend, genauso wenig wie Forderungen<br />

nach institutioneller Einheit zwingend gemacht werden könnten.<br />

Das Modell des Netzes von Dispositionen hat darüber hinaus den<br />

Vorteil, dem Problem der Positionalität im ökumenischen Feld eine positive<br />

Wendung geben zu können. Die Positionen sind grundsätzlich in ihren<br />

Kontexten zunächst einmal berechtigt. Die Begegnung mit Anderen und<br />

der Dialog über die unterschiedlichen <strong>Theologie</strong>n stellt sie nicht grundsätzlich<br />

in Frage. Vielmehr erlaubt das Modell des offenen Netzes, trotz bestehender<br />

Differenzen die vorhandenen Übereinstimmungen (Homologien<br />

zwischen den unterschiedlichen Netzen) als solche wahrzunehmen, weiter<br />

auszubauen und für die Entwicklung gemeinsamen Handelns zu nutzen.<br />

Damit wäre schon einiges geleistet. Doch sollte man nicht zu früh<br />

aufhören, über die kontextuelle Einbindung des theologischen Dialogs<br />

nachzudenken. Denn allerspätestens unter der Perspektive gemeinsamen<br />

Handelns kommen die unterschiedlichen Feldpositionen wieder verstärkt<br />

ins Spiel, und zwar als Frage nach Interessen, Strategien und Kapitalien.<br />

Handeln ist in den seltensten Fällen zweckfrei; um irgendetwas geht es fast<br />

immer.<br />

4. <strong>Theologie</strong> im Widerstreit der Interessen: Strategie, Kapital,<br />

Delegation<br />

<strong>Praxis</strong> ist nicht ein nahtloses, funktionales Ineinandergreifen der Rädchen<br />

einer Mega-Maschinerie. Wahrnehmen, Denken und Handeln sind nicht<br />

neutral. Sie bewegen sich zwischen den verschiedensten Kräften und gehö-<br />

204

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!