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Praxis - Theologie - Universität Bielefeld

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Urteilens und des Handlens für eine Kritik etwaiger rationaler Begründungsansprüche<br />

fruchtbar zu machen; die Positionen, Dispositionen,<br />

Strategien und Interessen der jeweiligen Akteure in den verschiedenen<br />

<strong>Praxis</strong>feldern im Gegenüber zu anderen Positionen in die Analyse der<br />

Begründungsansprüche einzubeziehen; und so die wissenschaftliche Arbeit<br />

zu analysieren und der Kommunikationsgemeinschaft transparent zu<br />

machen. Aus praxeologischer Sicht betrachtet man die Begründungsproblematik<br />

kritisch, wenn sie als Anspruch der Selbstbegründung des<br />

Denkens auftritt. Dies aber nicht, um Begründung prinzipiell für unmöglich<br />

zu erklären, sondern um Begründungsversuche in schärfster Form auf<br />

ihre Kontextualität zu verweisen. Denn durch die Ablehnung des unhaltbaren<br />

Anspruchs auf absolute Begründung wird relative Begründung von<br />

Wahrheit in definierten Geltungsgrenzen gerade ermöglicht. Ein illusorischer<br />

Absolutheitsanspruch wird zugunsten eines sachlich angemessenen relativen<br />

Geltungsanspruchs beseitigt.<br />

Im Blick auf das Verhältnis von Theologinnen und Theologen zu ihrer<br />

eigenen oder auch einer fremden Position heißt das: Ein etwaiger<br />

Letzbegründungs- und Absolutheitsanspruch ist zunächst nicht als solcher<br />

ernstzunehmen. Wohl aber nimmt man ihn ernst als Ausdruck eines Interesses<br />

der jeweiligen Akteure an Absolutheit in einer bestimmten Konstellation<br />

der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Es gilt, den Absolutheitsanspruch<br />

durch radikale Historisierung auf möglicherweise durchaus<br />

legitime relative Ansprüche hin zu befragen, die sich durch ihn artikulieren<br />

– etwa den Anspruch einer drangsalierten Minderheit auf ihr Lebensrecht.<br />

Damit verliert ein Absolutheitsanspruch zwar seine vermeintliche<br />

Letzbegründungskompetenz, wird aber in seiner relativen Geltung<br />

gerade zum Tragen gebracht.<br />

Bewusste Relativität besteht eben darin, das Andere gegenüber dem<br />

Eigenen in seiner Andersartigkeit stark zu machen, sowie darin, das Eigene<br />

sich selbst gegenüber reflexiv zu setzen. Damit wird das Andere zur<br />

Chance der Erkenntnis, der Erneuerung und Entwicklung des Eigenen,<br />

und das Eigene zur Chance des Anderen (und zwar ohne dass diese Wechselseitigkeit<br />

der hegelschen Dynamik der Aneignung des Anderen verfiele).<br />

Wolfgang Maaser weist darauf hin, dass die <strong>Theologie</strong>n Dietrich<br />

Bonhoeffers und Karl Barths einen solchen kritischen Selbstbezug zulassen.<br />

Man kann also hier zunächst einmal festhalten: „<strong>Theologie</strong> kann ...<br />

beispielsweise in weitere, fremdartige Erfahrungsfelder einweisen, was zur<br />

Revision bereits erworbener Wahrnehmungs- und Deutungsmuster führt.<br />

Dies setzt jedoch voraus, daß die theologische Konzeptionalisierung einen<br />

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