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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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Konvergente Evolution und strukturelle Stabilität 109<br />

4.1 Ungleiche Startbedingungen<br />

Eine implizite, in <strong>der</strong> Literatur so nicht direkt formulierte »differenzierungstheoretische<br />

Erklärung« könnte darin bestehen, dass Telegrafie als Spezialform<br />

<strong>der</strong> Kommunikation sich aus ihrer funktionellen Vorgängerin, <strong>der</strong> Post,<br />

herausgebildet hat. In keinem <strong>der</strong> hier untersuchten Län<strong>der</strong> war dies aber<br />

<strong>der</strong> Fall. Das einzige Land, in dem in <strong>der</strong> Frühphase <strong>der</strong> Telegrafie Kooperationsbeziehungen<br />

zwischen Post und Telegrafie bestanden, waren die<br />

USA, das spätere Musterland <strong>der</strong> privaten <strong>Telekommunikation</strong> schlechthin.<br />

Selbst wenn Telegrafie von Beginn an unter staatlicher Regie stand, wurden<br />

Post und Telegrafie in <strong>der</strong> ersten Phase als vollkommen separate Aktivitäten<br />

wahrgenommen. <strong>Die</strong>s bedeutet, dass staatliche Telegrafenmonopole nicht<br />

allein dadurch präjudiziert wurden, dass zuvor ein staatliches Postmonopol<br />

existierte − etwa im Sinne einer institutionellen Vererbung. In allen hier<br />

untersuchten Län<strong>der</strong>n gab es staatliche Postmonopole. Auch dort, wo in <strong>der</strong><br />

Telegrafie von Anfang an ein privater Entwicklungspfad eingeschlagen wurde,<br />

herrschten öffentliche Monopole im Postwesen.<br />

Ähnliche Vermutungen hinsichtlich <strong>der</strong> frühen Prägung <strong>der</strong> Telegrafie<br />

durch die Post folgen aus <strong>der</strong> Rent-seeking-Perspektive (Buchanan 1980), in<br />

<strong>der</strong> staatliche Akteure in Post und Telegrafie nur Finanzquellen sahen. Das<br />

zentrale Argument hierbei ist, dass die Postmonopole für die europäischen<br />

Staaten immer äußerst einträgliche Einnahmequellen gewesen seien und eine<br />

staatlich-gesetzliche Absicherung dieser Exklusivrechte nur den Zweck gehabt<br />

habe, die hieraus resultierenden Monopolrenten zu sichern (Noam<br />

1987: 31).<br />

Obwohl das fiskalische Interesse an <strong>der</strong> Post in allen Län<strong>der</strong>n bis in die<br />

vergangenen Jahrzehnte relativ groß war, sollte in diesem Zusammenhang<br />

nicht übersehen werden, dass eine rein fiskalische Orientierung in den<br />

meisten Staaten spätestens seit <strong>der</strong> Industrialisierung von infrastrukturpolitischen<br />

Motiven überlagert wurde. Seither galten die Schaffung und die Garantie<br />

von Kommunikationsmöglichkeiten zunehmend auch als öffentliche<br />

Aufgabe. Deutlich wird dies insbeson<strong>der</strong>e durch die zunehmenden Konflikte<br />

zwischen Profitorientierung, Eigenwirtschaftlichkeit und reiner Kollektivgutorientierung<br />

in <strong>der</strong> Postpolitik des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

<strong>Die</strong> fiskalische Orientierung war zu Adam Smiths Zeiten sicherlich dominierend.<br />

In seinem Hauptwerk »Der Wohlstand <strong>der</strong> Nationen« heißt es:<br />

<strong>Die</strong> Post ist eigentlich ein kaufmännisches Unternehmen, denn die Regierung<br />

schießt die Ausgaben vor, die zur Errichtung <strong>der</strong> einzelnen Postämter, zum Kauf

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