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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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Steuerungsstrukturen großtechnischer Systeme 67<br />

die soziokulturelle Evolution auch horizontale Informationsübertragungen<br />

innerhalb von Generationen. Selbst inverse Übertragungen von biologischen<br />

Nachfolgern auf biologische Vorläufer sind hier möglich, wenn Alte von<br />

Jungen lernen. Hinzu kommt die Erhöhung <strong>der</strong> Übertragungsgeschwindigkeit,<br />

indem Variationen augenblicklich weitergegeben werden können. Luca<br />

Cavalli-Sforza (1988) unterscheidet zwischen vertikalen und horizontalen<br />

Übertragungsformen, die jeweils unterschiedliche Wirkungen entfalten: <strong>Die</strong><br />

vertikale Punkt-zu-Punkt-Transmission (zum Beispiel zwischen Vater und<br />

Sohn) wie auch die Von-Vielen-zu-Einem-Übertragung (zum Beispiel Sozialisierung<br />

des Einzelnen innerhalb einer Gruppe) haben stark konservierende<br />

Effekte; im letzten Fall werden sogar individuelle Variationen tendenziell<br />

minimiert. Über horizontale Übertragungsmechanismen hingegen werden<br />

Wandlungsprozesse beschleunigt: Punkt-zu-Punkt-Kommunikationsmuster<br />

verbreiten individuelle Variationen über die Vermehrung von Ansteckungsbeziehungen,<br />

während Formen <strong>der</strong> Verteilkommunikation (zum Beispiel Lehrer-<br />

und Meinungsführerbeziehungen) noch stärkeren Wandel produzieren.<br />

Schließlich bewirkt die extrasomatische Speicherungsmöglichkeit, dass<br />

Übertragung nicht mehr nur an Face-to-face-Kontakte gebunden ist, son<strong>der</strong>n<br />

auch laterale Übertragung möglich wird. Direkte Kommunikation zwischen<br />

Sen<strong>der</strong> und Empfänger ist nicht mehr notwendig. Es sind diese Übertragungsmechanismen,<br />

die das größte evolutionäre <strong>Transformation</strong>spotential<br />

besitzen und durch die Entwicklung mo<strong>der</strong>ner Kommunikationsformen immer<br />

wichtiger werden.<br />

Selektion<br />

In <strong>der</strong> traditionellen sozialwissenschaftlichen Rezeption <strong>der</strong> naturwissenschaftlichen<br />

Evolutionsliteratur wird Selektion meist auf blinde Umweltselektion<br />

reduziert. Ihre spezifische Logik liegt in <strong>der</strong> Auswirkung <strong>der</strong> relativen<br />

Überlegenheit eines Organismustyps auf seine Fortpflanzungsrate. Obwohl<br />

dieser Mechanismus von zentraler Bedeutung ist, werden die daneben<br />

existierenden Selektionsformen meist übersehen (Monod 1970; Gould 1991;<br />

Carroll 1984).<br />

<strong>Die</strong> ökologische Evolutionstheorie unterscheidet beispielsweise zwischen<br />

K- und r-Selektion. Der Buchstabe r steht dabei für turbulente, rasch entstehende<br />

und rasch vergehende Lebensräume, die kleine, kurzlebige Tiere und<br />

Pflanzen schaffen, während K für stabile Umwelten steht, aus denen große,<br />

langlebige Tiere und Bäume hervorgehen (Remmert 1984; Bühl 1990). Analog<br />

hierzu wurde in <strong>der</strong> soziopolitischen Evolution zwischen s- und p-Selek-

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