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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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148 Kapitel 4<br />

seits waren mit diesem Arrangement bestimmte Regelungen bezüglich<br />

<strong>der</strong> Aktivitätsdomänen erfor<strong>der</strong>lich. <strong>Die</strong> Western Electric wäre von<br />

AT&T abgetrennt worden, wenn diese in den 20er-Jahren weiterhin international<br />

beziehungsweise in den 50er-Jahren auch in nicht-regulierten<br />

Sektoren tätig gewesen wäre.<br />

– <strong>Die</strong> AT&T war in ihrem Investitionsverhalten nicht von staatlichen<br />

Haushaltsplänen abhängig. Sie konnte langfristiger planen und − innerhalb<br />

des Regulierungsrahmens − autonome Investitionsentscheidungen<br />

treffen; schließlich konnte sie bei Bedarf mittels Kapitalerhöhung und<br />

Aktienausgabe weiteres Investitionskapital mobilisieren.<br />

– In <strong>der</strong> Personalpolitik war die AT&T nicht durch das Korsett eines öffentlichen<br />

<strong>Die</strong>nstrechts gefesselt, in dem nicht vorgesehen war, individuelle<br />

Leistung und Verantwortung zu prämieren.<br />

– Als reines Telefonunternehmen musste die AT&T keine Rücksicht auf<br />

traditionelle Kommunikationsdienste wie Post und Telegraf nehmen.<br />

<strong>Die</strong>se Vorteile waren <strong>der</strong> internationalen Diskussion nicht verborgen geblieben.<br />

In England, Frankreich und in Deutschland wurden in den 20er-Jahren<br />

bereits Stimmen laut, die auf die Stärken des amerikanischen Systems hinwiesen<br />

(Webb 1910; Fayol 1921).<br />

Zu diesen gehörte in <strong>der</strong> Weimarer Republik Staatssekretär Ernst Feyerabend<br />

aus dem Reichspostministerium, <strong>der</strong> sich von den Vorzügen des<br />

Bell-Systems auf einer Studienreise selbst überzeugte. Für ihn war erstaunlich,<br />

dass <strong>der</strong> amerikanische Staat mittels Regulierungskommissionen zwar<br />

eine gewisse Kontrolle über die Finanz- und Tarifpolitik <strong>der</strong> Telegrafenund<br />

Fernsprechgesellschaften ausübte, Letztere es aber durch kluge Geschäftspolitik<br />

verstanden hätten, sich selbst den Charakter eines öffentlichen<br />

Betriebes zu geben. <strong>Die</strong> AT&T würde zum Beispiel nie mehr als 9 Prozent<br />

Dividende ausschütten und den Rest zur Refinanzierung einsetzen.<br />

<strong>Die</strong> AT&T verdient … tatsächlich mehr, zahlt jedoch nicht mehr als 9 v.H. Dividende.<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft kann also regelmäßig eine erhebliche Summe zurücklegen<br />

und in ihren Betrieb stecken und trotzdem die Gebühren auf einem verhältnismäßig<br />

niedrigen Stand halten. <strong>Die</strong>se kluge Finanzpolitik, die <strong>der</strong> Staat nicht<br />

stört, ist die Grundlage des wun<strong>der</strong>baren, nirgendwo in <strong>der</strong> Welt erreichbaren Erfolgs,<br />

den <strong>der</strong> Bell-Konzern zu verzeichnen hat. (Feyerabend 1928: 86)<br />

Auch in Italien konnten die regionalen Privatsysteme lange von diesen<br />

Vorteilen profitieren. Während <strong>der</strong> 30er-Jahre und in den ersten Dekaden<br />

<strong>der</strong> Nachkriegszeit verzeichnete das italienische System höhere Wachstumsraten<br />

als Frankreich und Großbritannien. Anfang <strong>der</strong> 70er-Jahre galt das

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