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Die Transformation der Telekommunikation: Vom ... - MPIfG

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Diffusion, nationale <strong>Transformation</strong>en und globale Konvergenz 273<br />

arbeitet wurde. Vor diesem eigentümlichen lokalen Problemhintergrund<br />

wurde die Zerlegung <strong>der</strong> AT&T von vielen italienischen Beobachtern mit<br />

Unverständnis registriert. Aus dieser Perspektive waren Entmonopolisierung,<br />

Wettbewerb und <strong>der</strong> Abbau vertikaler Integration bis Mitte <strong>der</strong> 80er-Jahre in<br />

Italien überhaupt kein Thema.<br />

Ähnliche Interessen folgten aus einem weiteren italienischen Spezifikum.<br />

Wegen <strong>der</strong> großen sozioökonomischen Disparitäten zwischen dem industrialisierten<br />

Norden und dem schwächer entwickelten Süden kamen regionalund<br />

infrastrukturpolitische Anfor<strong>der</strong>ungen an die staatliche <strong>Telekommunikation</strong>spolitik<br />

viel stärker zum Tragen als bei den übrigen Industrielän<strong>der</strong>n.<br />

Ein <strong>der</strong>art zentraler Stellenwert <strong>der</strong> Infrastrukturperspektive hätte einer Liberalisierungspolitik<br />

wie in den USA o<strong>der</strong> Großbritannien grundsätzlich wi<strong>der</strong>sprochen.<br />

Denn dort wurden über die Konkurrenz im Fernverkehr genau<br />

jene Gewinne beseitigt, die bisher in infrastrukturpolitische Maßnahmen investiert<br />

werden konnten. Zudem ging man davon aus, dass die Möglichkeit<br />

des Rosinenpickens in liberalisierten Netzen die Position <strong>der</strong> traditionellen<br />

Betreiber mit ihren Infrastrukturlasten noch weiter gefährdet hätte (Morganti<br />

et al. 1988).<br />

Eine weitere in diesem Zusammenhang nicht unwichtige Bedingung war,<br />

dass die in Italien lange Zeit regierende Mitte-Rechts-Koalition sich von den<br />

japanischen, britischen und deutschen konservativen Regierungsparteien ideologisch<br />

beträchtlich unterschied. Im Vergleich zu den deutschen Christdemokraten<br />

war die italienische Democrazia Cristiana (DC) in stärkerem Maße<br />

von <strong>der</strong> katholischen Soziallehre geprägt und einer Staatswirtschaft gegenüber<br />

viel positiver eingestellt. Eine neoliberale Wirtschaftsideologie à la<br />

Thatcher war unter den bis Anfang <strong>der</strong> 90er-Jahre regierenden Parteien undenkbar.<br />

Ein ideologische Faktor, <strong>der</strong> als Marktöffnungshin<strong>der</strong>nis nicht unwichtig<br />

war, ist die allgemein positive Haltung zu Staatsinterventionismus und<br />

Staatswirtschaft. Nach Alberto Martinelli (1979) hängt dies eng mit <strong>der</strong> endemischen<br />

Schwäche <strong>der</strong> italienischen Unternehmerschaft zusammen, die<br />

aus dem spezifischen Industrialisierungsmodus folgte. Als »Spätindustrialisierer«<br />

musste sich die Industrie in einem (Welt-)Markt herausbilden, <strong>der</strong><br />

schon von an<strong>der</strong>en Industriegroßmächten dominiert war. Um sich hierin einen<br />

Platz zu erkämpfen, erbaten die italienischen Unternehmer früh Protektion<br />

durch den Staat. Gleichzeitig war dies ein System, das schon immer mit<br />

klientelistischen Beziehungsnetzwerken durchzogen war, in dem rivalisierende<br />

Gruppen um staatliche Privilegien konkurrierten. Zwar sind unter dem<br />

Druck <strong>der</strong> staatlichen Finanzkrise seit Mitte <strong>der</strong> 80er-Jahre eine Reihe von

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